Beeindruckende Präsentation im Rathaussaal: Projektseminar Geschichte zum Kriegsende vor Ort des Gymnasiums Veitshöchheim mit Zeitzeugenfilm
Ein halbstündiger, selbst produzierter Zeitzeugenfilm, ein Zeitzeugen-Interview, eine kleine Lesung und eine Ausstellung mit 15 Plakaten standen im Mittelpunkt des Themenabends, mit dem 14 angehende Abiturienten des P-Seminars Geschichte des Gymnasiums Veitshöchheim im vollbesetzten Rathaussaal ihre Projektergebnisse zum Thema "Die letzten und die ersten Tage - Das Kriegsende am lokalen Beispiel" präsentierten (im Bild hintere Reihe mit Kursleiter Dr. Rainer Bach, 2. v.r., vordere Reihe anwesende Zeitzeugen).
Wie Kursleiter Dr. Rainer Bach gegenüber der Presse erläuterte, bot die überschaubare "Geschichte vor Ort", die Chance, Vergangenheit konkret und anschaulich zu machen. Eineinhalb Jahr untersuchten seine Schüler Kriegsende und "Neuanfang" nach 1945 in Veitshöchheim und Güntersleben, den "Stammgemeinden" des Gymnasiums. Sie begaben sich auf "Spurensuche" und sichteten und sammelten Quellen zur Ortsgeschichte von biografischen und autobiografischen Erinnerungen, Fotografien und anderem mehr. Das Rüstzeug dazu holten sich die Gymnasiasten von Experten. So referierte Patrick Obrusnik vom Bayerischen Rundfunk über seine Erfahrungen bei Zeitzeugeninterviews. Im Staatsarchiv Würzburg informierte Dr. Ingrid Heeg-Engelhardt über ihre Arbeit mit Archivalien. Das Kulturamt der Gemeinde Veitshöchheim gab einen Einblick über ihre über diese Zeit gesammelten Unterlagen, stellte den Kontakt zu Zeitzeugen her und ermöglichte den Themenabend und die Ausstellung im Rathaus. Der Günterslebener Altbürgermeister Dr. Josef Ziegler trug dazu bei, die Ereignisse des Jahres 1945 in Güntersleben anschaulich zu machen.
Marie Feiler und Sascia Jossberger freuten sich bei der Begrüßung, im Namen des gesamten P-Seminars, dass neben ihren Schulleitern und zahlreichen Lehrkräften und den Zeitzeugen sich auch der stellvertretende Landrat Ernst Jossberger und GDr. Josef Ziegler die Zeit für ihren Themenabend und die Ausstellung nahmen.
Die Schülerinnen erzählten, was ihre Arbeit in den letzten eineinhalb Jahren war und zitierten einen Zeitzeugen, der mit seinen Worten treffend das Thema und die Grundlage umriss und zusammenfasste: "Ich denke, dass im Frühjahr 1945 alle den Wunsch hatten, dass die Front möglichst schnell und ohne große Kampfhandlungen über uns hinwegzieht und damit der Krieg beendet ist."
Zielsetzung sei von Anfang an nicht der Stoff gewesen, was in den Schulbüchern steht, sondern was die Menschen vor Ort in dieser Zeit bewegt hat und welche eigenen Eindrücke sie hatten. Um Zeitzeugen zu finden, veröffentlichten die Schüler Anzeigen in die Gemeindeblätter.
Die Zeitzeugen interviewten eine Gruppe hauptsächlich durch Videoaufnahmen. Vanessa Geissler und Carolin Seitz schnitten daraus den gezeigten Zeitzeugen-Film.
Darin kommen immer wieder die Veitshöchheimer Irmtraud und Günter Scheuring, Renate Merkel, Helmut Reim, Werner Götz und Rothraud Götz zu Wort. Sie schildern ihre Kindheitserlebnisse gegen Kriegsende und in der Zeit danach, wie es mit der Schule aussah, wie sie die Nazi-Herrschaft vor Ort erlebten. Dass die Kirchstraße Adolf-Hitler-Straße hieß, bei einer Veranstaltung alle "Sieg, Heil" riefen, wie man auf Fliegeralarme reagierte, wie an Ostern Bomben auf Veitshöchheim fielen, ihre ersten Erlebnisse mit den einmarschierten Amerikanern und was man alles anstellte, um an Lebensmittel zu kommen.
Im Laufe ihrer "Spurensuche" stießen die Schüler auch auf viele bisher noch nicht offiziell bekannte geschichtliche Materialien. Viviane Paszko konnte so aus dem unter dem Titel "Von der Weistritz an den Main" von Ruth Pohl verfassten Tagebuch vortragen, in dem diese nach der Vertreibung aus Schlesien ihre Erlebnisse und Erfahrungen nach ihrer Ankunft 1946 in Veitshöchheim festhielt und wie schwierig es für die Flüchtlingsfamilie war, hier Fuß zu fassen. Das Buch hatte Evelyn Pferr, die Tochter der verstorbenen Autorin der Schule zur Verfügung gestellt.
Frei von der Leber weg sprach der 77jährige Zeitzeuge Robert Jossberger aus Güntersleben im Interview mit Jasmin Köhler, als diese ihn insbesondere über seine Erlebnisse nach dem Einmarsch der Amerikaner in seinem Heimatort befragte. Als Zehnjähriger habe er damals ebenso wie seine Kameraden die Flucht ergriffen, als sie erstmals in ihrem Leben einen "Schwarzen" erblickten, der gerade aus einem Panzer stieg.
Eine Gruppe der Gymnasiasten beschäftigte sich ausschließlich mit dem Lesen und der Auswertung von Textquellen, die die beiden Orte betrafen und in den Ausstellungs-Plakaten ihren Niederschlag fanden. Für den Druck der 15 Ausstellungsplakate gelang es einer Gruppe Sponsoren zu finden.
Dokumentiert sind darauf Themen wie der Absturz eines US-Bombers im Oktober 1943, die erste Feindberührung, die sich häufenden Fliegeralarme, der Luftangriff auf Würzburg vom 15. März 1945,
das Kampftagebuch der "Rainbow-Division", Bomben auf den hiesigen Rangierbahnhof, eine Dokumentation der Schäden, die Übergabe Veitshöchheims am 6. April 1945,
der Einmarsch der Amerikaner, Schadensersatzforderungen und die Entnazifizierung.
Lisa-Mara Schinagl oblag es, am Ende allen Beteiligten (dokumentiert auf dem letzten Plakat) zu danken und darauf hinzuweisen, dass die Ausstellung in den nächsten Wochen im Obergeschoss des Rathauses während der Dienststunden zu sehen ist.