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Veitshöchheimer Schwimmhalle nach sechs Jahren"Dornröschenschlaf" wieder für Schule, Wasserwacht und Badefans geöffnet

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Sanierung kostete eine Million - Gemeinde erwartet etwa die Hälfte als Schadensersatz

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"Auf die Plätze fertig los!" Nach sechs Jahren Leerstand und einjähriger Bauzeit ist endlich wieder Betrieb in der lichtdurchfluteten Schwimmhalle des Veitshöchheimer Schulsportzentrums.  Die Jungs aus den siebten und achten Klassen der Mittelschule waren die ersten, die auf Kommando von Schwimm-Lehrer Achim Engelking ins 28 Grad warme Nass des 16 2/3 mal acht Meter großen und 0,9 bis 1,8 Meter tiefen Becken springen konnten.

Angesichts der Bäderdiskussion landauf, landab begrüßte es der Seminarleiter für die Lehrerfortbildung  insbesondere auch in seiner Funktion als Bezirksschul-Obmann Schwimmen sehr, dass das 1998 übergebene, aber wegen großer Baumängel im Herbst 2006 dicht gemachte Lehrschwimmbecken nun endlich wieder für das Schulschwimmen und auch der Öffentlichkeit  zur Verfügung steht. Engelking hofft, nun auch wieder an eine alte Tradition anknüpfen zu knüpfen, als die Veitshöchheimer Volksschule mit Schwimm-Mannschaften vordere Plätze beim Landesfinale erreichen konnte. Er bietet nämlich am Mittwoch-Nachmittag an der Mittelschule zusätzlich eine Schwimm-AG in Veitshöchheim als Basissport an.

Belegungsplan

Laut Belegungsplan nutzen das an die Dreifachturnhalle angebaute Bad das Gymnasium und die Grundschule je siebenmal, die Mittelschule viermal und die Landkreisförderschule einmal wöchentlich für einen doppelstündigen Schwimmunterricht.

In den Abendstunden führt die Wasserwacht montags, dienstags und donnerstags um 18.15 Uhr Schwimmkurse und anschließend jeweils ein Training für ihre drei Altersgruppen (9 - 11 Jahre, 12 - 14 Jahre und Aktive ab 15 Jahre) durch.

Auch die Bevölkerung kann das Bad nutzen, am Freitagabend von 18 bis 21 Uhr und am Samstagmorgen von

zehn bis 13 Uhr. Der Hauptausschuss legte dazu am Dienstag den Eintrittspreis mit zwei Euro für Erwachsene und einem Euro für Ermäßigte fest. Kinder unter sechs Jahren sind frei.

Wesentliche Schallminderung

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Zur ersten Schwimm-Stunde kam zur symbolischen Schlüsselübergabe auch Bürgermeister Rainer Kinzkofer in die für 1.050.000 Euro netto sanierte Einrichtung.  "Mit dem Geld hätte man auch drei Häuser bauen können" meinte das Ortsoberhaupt zu den Jugendlichen. So verschlang die Behebung der durch "Pfusch am Bau" verursachten Undichtigkeiten in der Dachkonstruktion 735.000 Euro und in den Beckenumgängen 315.000 Euro.

Bis auf den Umstand, dass nun alles wie neu und viel adretter aussieht, hat sich ansonsten rein optisch in der Schwimmhalle nicht viel verändert gegenüber vorher. Was man jedoch gleich nach dem Eintritt hören konnte: In der Halle war der Schallpegel trotz der lärmenden Jugendlichen erträglich. Möglich machte dies der Ersatz der Trapezblech-Decke durch eine auch ästhetisch viel besser aussehende Holzakustik-Decke. Von dieser erheblichen Lärmminderung profitieren vor allem die Schwimm-Lehrer, die beispielsweise beim Gymnasium am Montag fünf Doppelstunden Schwimmunterricht abzuhalten haben. Den Nutzern zugutekommt auch der Einbau von Wärmebanken entlang der Fensterfront, die zugleich eine umlaufende Absturzsicherung erhielt.

 

Chronologie der schier unendlichen Baumängel-Geschichte

Schon im ersten Winter nach der Einweihung im Mai 1998 hatte der Hausmeister Kondenswasser an der westlichen Fensterfassade und an den Trapezblechen des Daches fest. Nachbesserungsarbeiten von Firmen an Fassade und Dach nutzten wenig. Ein daraufhin von der Gemeinde 2001 beauftragter Gutachter ermittelte als Schadensursache mittels künstlich erzeugten und mit Überdruck in die Halle gepumpten Nebel undichte Stellen besonders an der Verbindung der Glas-Seitenteile mit der Dachkonstruktion. Durch diese Kältebrücken und die hohe Luftfeuchtigkeit im Innern kam es zwangsläufig dazu, dass sich verstärkt chlor- und säurehaltiges Kondenswasser bildete, das die Bausubstanz, also Dachkonstruktion, Fenster, Fliesen und Betondecken angriff.

Im Kellergeschoss hatte der Hausmeister schon ab dem Jahr 2000 Wasser-Durchtritte im Bereich der in die Stahlbetondecke montierten Lasthaken beobachtet. Diese Undichtigkeiten weiteten sich später auf Deckendurchdringungen im Bereich von Versorgungsleitungen aus.

Im Jahr 2005 verstärkten sich diese Wasser-Durchtritte auch in der angrenzenden Sporthalle, wo in der angrenzenden hochwertigen Holzprallwand das aggressive Kondenswasser bereits Spuren hinterlassen und die in einer Wandnische verstauten Zugseile durchfeuchtet hatte. Einher gingen erhebliche Wasserverluste im Heizsystem durch geschädigte Heizleitungen im Bereich der Deckendurchführungen.2006 wurden deshalb mit Schließung der Halle korrodierte, also tropfende Heizleitungen still gelegt.

Seit November 2007 ist es unstrittig, dass ursächlich für Feuchte-Erscheinungen im Bereich der Technik im Kellergeschoss bis in die Sporthalle im Bereich der gemeinsamen Brandwand die mangelhaften Abdichtungen im gefliesten Umgang des Schwimmbeckens sind.

Neben der Dachkonstruktion mussten deshalb in einem zweiten Abschnitt auch die Beckenumgänge saniert werden.

Seit 2003 anhängiger Rechtsstreit

Da eine gütliche Einigung mit Planern und ausführenden Firmen von vornherein nicht zustande kam, blieb der Gemeinde nichts anderes übrig, als 2003 wegen der Undichtigkeiten in der Dachkonstruktion Klage beim Landgericht einzureichen, die sie dann im Mai 2008 wegen der Schäden an den Beckenumgängen erweiterte.

Das Landgericht erkannte inzwischen im ersten Verfahren bezüglich der Dachkonstruktionsmängel der Gemeinde einen Entschädigungsanspruch von 300.000 Euro zu.

Immer noch nicht entschieden ist über das zweite Verfahren bezüglich der unsachgemäßen Ausführung der Beckenumgänge. Hier steht laut Bürgermeister das Beweisverfahren kurz vor dem Abschluss. Er hofft, dass hier das Landgericht der Gemeinde einen Kostenerstattungsbetrag von über 200.000 Euro anerkannt. 

Beschreibung der Bauarbeiten (8/2011 bis 8/2012)

Nach den Feststellungen des gemeindlichen Architekten Peter Wolf gestaltete sich die Sanierung aufgrund der Baukonstruktion aus überwiegend Stahlbau sehr komplex, anspruchsvoll und zeitaufwändig. Viele Details konnten erst nach Bauteilöffnungen eingesehen, beurteilt und dann erst der Sanierungsanspruch festgelegt werden.

Zur Sanierung der Dachkonstruktion der Schwimmhalle mit Vorräumen mussten alle Dachaufbauten bestehend aus Trapezblechen, Dampfsperren, Wärmedämmungen und der Dachhaut komplett abgebaut werden, einschließlich der hier vorhandenen technischen Installationen.

LehrschwimmbeckensanierungInnen2

Anstelle dieser nach dem Stand der Technik längst überholten Ausführungsart (Trapezbleche sind auf dem Foto deutlich zu erkennen) wurde eine gedämmte und dampfdichte Holzkonstruktion mit Aluminiumdeckung eingebaut, die außerdem durch die bessere Foamglas-Wärmedämmung anstelle von Mineralwolle und eine Akustikdecke einen nicht unbedeutenden Mehrwert erbrachte. Alle Stahlbauteile erhielten innen einen komplett neuen Innenanstrich.

Nach Abbau des Innengerüstes erfolgten die Abbrucharbeiten im Bereich der Beckenumgänge und Duschen, Fliesen-, Abdichtungs- und Malerarbeiten. Schließlich konnte nach sechs Jahren Stillstand ab Anfang September 2012 auch die große Herausforderung der Wiederinbetriebnahme der gesamten Wassertechnik einschließlich Badewasseraufbereitung ohne größere Probleme gemeistert werden.

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