Gemeinderat stimmt mehrheitlich gegen die Stimmen der CSU-Fraktion der Antragstellung zur Gründung des 11. Familienstützpunktes im Landkreis zu
Link auf Mainpost-Online vom 11.4.2025
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Konträr diskutiert wurde in der Gemeinderatssitzung am Dienstag der von einer Bürgerin am 5. Dezember 2024 bei der Gemeindeverwaltung eingegangene Vorschlag, wie bereits in zehn anderen Orten des Landkreises, auch in Veitshöchheim einen Familienstützpunkt als Anlaufstelle für Familien zu gründen, um eine Angebotslücke für Familien in der Gemeinde zu schließen.
Mit 11-Jastimmen, darunter auch CSU-Bürgermeister Jürgen Götz, befürwortete die Mehrheit des Gremiums den Aufbau eines Familienstützpunktes in der Gemeinde und beauftragte die Verwaltung zeitnah einen Antrag beim zuständigen Fachbereich Jugend- und Familienarbeit im Landratsamt Würzburg zu stellen. Den Antrag lehnten dagegen die acht anwesenden Gemeinderatsmitglieder der CSU-Fraktion ab.
Fruchtbare Kooperation von Freistaat, Landkreis, Gemeinden und Sozialverbänden
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Wie aus einer Pressemitteilung des Landratsamtes Würzburg vom Oktober 2023 hervorgeht, konnte das Amt für Jugend und Familie im Landkreis Würzburg bislang innerhalb von zehn Jahren zehn Familienstützpunkte eröffnen. Das bedeutet für Familien in zehn Landkreisgemeinden professionell geleitete Anlauf-, Informations- und Kontaktstellen, die Angebote für Eltern- und Familienbildung vermitteln und auch Lust auf gemeinsame Freizeitangebote machen.
Von 2007 bis 2009 wirkte der Landkreis Würzburg an der Erarbeitung eines Gesamtkonzepts Familienbildung in Bayern mit. In einer anschließenden Projektphase bis 2013 mit den Stützpunkten Kürnach, Giebelstadt und Waldbüttelbrunn konnte das Konzept der Familienstützpunkte im Landkreis Würzburg überzeugen und hat sich mittlerweile etabliert. Nach und nach kamen immer mehr Stützpunkte dazu: in Ochsenfurt, Aub, Reichenberg, Rottendorf und Eisingen.
Im zehnten Jubiläumsjahr 2023 feierte Kist die offizielle Eröffnung und im Oktober hat in Rimpar der zehnte Familienstützpunkt im Landkreis Würzburg seine Arbeit aufgenommen.
Zusammengefasst ist die Grundidee eines Familienstützpunktes ein niederschwelliges vom Freistaat Bayern gefördertes Angebot für Eltern zur Beratung, informellen Gruppentreffen, Beziehungs-Coaching und vergleichbaren Inhalten durch eine sozialpädagogische Fachkraft bereit zu stellen. Zielgruppe sind nicht die Jugendlichen oder Kinder sondern im Speziellen die Eltern. Inhaltlich soll den jungen Familien Hilfe bei der eigenen Organisation, Unterstützung bei Behördengängen, allgemeine Beratung und auch die einfachere Integration und Kontaktknüpfung vor Ort ermöglicht werden.
Organisation und Finanzierung
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Nach der positiven Bestätigung durch die Mehrheit des Gemeinderates kann nun die Gemeindeverwaltung Veitshöchheim beim Landkreis Würzburg einen Antrag zur Gründung eines Familienstützpunktes stellen. Danach berät der Jugendhilfeausschuss des Landkreises über den Antrag und bei dessen Zustimmung muss abschließend noch der Kreistag über den Antrag entscheiden. Nächster Schritt ist die Ausschreibung eines Trägers (z.B. in Rimpar ist dies der AWO Bezirksverband Unterfranken e.V.), der dann eine sozialpädagogische Fachkraft in Teilzeit für 10 Stunden sucht und einstellt.
Über das bayerische Förderprogramm „Strukturelle Weiterentwicklung kommunaler Familienbildung und Familienstützpunkte“ erhält der Landkreis Würzburg jährlich auf Grundlage der Geburtenzahlen eine Zuwendung, zuletzt 2024 von rund 43.000 Euro. 2023 wurden vom Landkreis 217.800 Euro für die Familienstützpunkte ausgegeben.
Wurden bisher, wie zuletzt auch beim im Oktober 2023 in Rimpar eröffneten Familienstützpunkt, die Personalkosten mit der Förderung des Freistaates Bayern vom Landkreis Würzburg übernommen, oblag es den Gemeinden als Sachaufwandsträger Räumlichkeiten, Ausstattung und Bürobedarf zur Verfügung zu stellen. Nach den neuen Förderrichtlinien des Landkreises vom 15.10.2024 hat die Gemeinde nun anteilig auch 25 Prozent der Personalkosten der Fachkraft bei 10 Wochenstunden zu tragen.
Die Gemeinden Waldbüttelbrunn, Giebelstadt und Kürnach haben inzwischen die Arbeitszeiten der Fachkräfte aus eigenen Mitteln aufgestockt.
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Nach der Beschlussvorlage der Veitshöchheimer Gemeindeverwaltung kann grob geschätzt mit jährlichen Gesamtkosten für die Gemeinde i. H. v. 10.000 bis 15.000 Euro ausgegangen werden (Personal und Rahmenbedingungen).
Die Verwaltung befürwortete in der Vorlage grundsätzlich die Idee eines Familienstützpunktes in Veitshöchheim. Langfristig könne nämlich ein Familienstützpunkt dazu beitragen, einen positiven Mehrwert bei der laufenden Kindererziehung zu erzeugen. Dies wiederum könne im weiteren Verlauf zu geringeren Kosten bei der Jugendarbeit selber führen, z.B. weniger Kinder mit sozialen Auffälligkeiten, weniger familiäre Probleme u.ä., was die allgemeine Jugendarbeit entsprechend entlasten könnte. Außerdem mache solch ein Angebot auch die Gemeinde Veitshöchheim noch lebenswerter für junge Familien.
So stimmte denn auch Bürgermeister Jürgen Götz im Gegensatz zu seinen Parteifreunden der CSU-Fraktion für den Antrag.
Diskussion im Gemeinderat
Bürgermeister Jürgen Götz sagte allerdings zum Schluss seines Sachvortrags: "Ich muss jetzt allerdings etwas Wasser in den Wein gießen." Ob der Antrag im Kreistag überhaupt eine Mehrheit finden kann, versah er mit einem Fragezeichen.
Bekanntlich hat der Kreistag laut Pressemitteilung des Landratsamtes Würzburg vom 26.3.2025 den Haushalt 2025 mit weitreichenden Sparmaßnahmen beschlossen. So sollen künftig keine neuen freiwilligen Leistungen mehr gewährt werden. Die von der Arbeitsgruppe zur Diskussion gestellte Kürzung der Familienstützpunkt-Förderung wurde ausdrücklich nicht beschlossen.
Wie der Bürgermeister weiter ausführte, hat die Gemeinde den von ihr zu tragenden Eigenanteil nicht im am 11. März verabschiedeten Haushalt für das Jahr 2025, so dass man dies in die Haushaltsberatung für nächstes Jahr aufnehmen müsste und gucken, ob man die Gründung dann nächstes Jahr ausführt.
Anmerkung: Nach den Sitzungsunterlagen wird der 25prozentige Gemeindeanteil bei bestehenden Einrichtungen ab dem 1.1.2025 bei neuen Einrichtungen aber erst ab dem 3. Jahr der Förderung erhoben.
Anja Lampatzer (CSU) meinte, in Zeiten knapper Kassen, seien andere Projekte gefährdet, wie die Vertiefte Berufsorientierung (VBO) an der Mittelschule, die super laufe und bei den Kindern und Jugendlichen toll ankomme. Sie plädierte dafür, solche Projekte am Laufen zu halten, bevor man neue Angebote schaffe.
Dazu, so erklärte der Bürgermeister, könnte er darüber ganz aktuell nach einem gestrigen Treffen mit den Bürgermeistern des Schulverbundes, der Handwerkskammer Service GmbH und der bei ihr angestellten Übergangsmanagerin Sandra Eichelbrönner-Fickert sowie der Schulleitungen und heute von der Bürgermeistertagung dass laut Landrat, das Landkreis dieses Maßnahme weiter fördert, wenn die Schulverbände pro Schüler 50 Euro beisteuern, das wären bei rund 80 Schülern ab der siebten Klasse an der Mittelschule Veitshöchheim ein Gemeindebeitrag von 4000 Euro. Aber auch dieser Betrag sei nicht im Haushalt 2025 eingestellt.
Ute Schnapp (SPD) plädierte angesichts der Erfolge in den Familienstützpunkten anderer Gemeinden gleichwohl dafür, den Antrag auf Gründung zu stellen.
Christina Feiler (Grüne) würde einen Familienstützpunkt in Veitshöchheim ebenso sehr begrüßen. Sie hält es für junge Eltern für sehr wichtig, dass sie neben ihrer beruflichen Tätigkeit eine solche Anlaufstelle im Ort haben.
Marlene Goßmann (SPD) vertrat die Ansicht, bei den vielen Millionen im Haushalt der Gemeinde dürfte die Finanzierung des Eigenanteils der Gemeinde von 10.000 Euro kein Problem sein, ebenso auch nicht beim Eigenanteil von 4000 Euro bei der VBO.
Anmerkung: Kurz vor den Sommerferien hatte der Kreistag im Juli 2020 beschlossen, für die nächsten sechs Jahre die VBO an der Mittelschule festzuschreiben.
CSU-Fraktionssprecher Marc Zenner verwies auf verschiedene Hilfsangebote und stellte die Frage: "Müssen wir hier in Veitshöchheim wirklich noch ein zusätzliches Angebot schaffen und wollen wir den Sozialstaat an dieser Stelle noch weiter ausbauen mit öffentlichen Geldern." Das könne sich die Gemeinde nicht mehr leisten. Für ihn ist die VBO an der Mittelschule von der Effektivität her wesentlich wichtiger.
Für seinen Fraktionskollegen Simon Kneitz sind die Familienstützpunkte kein besonderes Angebot und stellte in Frage, ob man sie ergänzend zu den staatlichen Strukturen noch braucht, zumal diese nach seiner Ansicht bei einer Tätigkeit der Fachkraft von zehn Stunden wöchentlich keine ausreichende Hilfe bieten können.
Anmerkung: Laut Konzept der Landkreis-Familienfachkraft Ruhe vom Oktober 2023 wäre aufgrund des Mehrwertes und der positiven Erfahrungen eine Aufstockung auf 20 Stunden wünschenswert. Die Gemeinden Waldbüttelbrunn, Giebelstadt und Kürnach sowie eine weitere Gemeinde haben inzwischen die Arbeitszeiten der Fachkräfte aus eigenen Mitteln aufgestockt.
Sowohl Feiler als auch Schnapp waren gleichwohl der Meinung, dass viele Familien alleine gelassen sind, es deshalb einen Versuch wert ist und die Gemeinde aufgrund der guten Erfahrungen andernorts sich diese Chance nicht entgegen lassen sollte. Gegen die Stimmen der CSU stimmte der Gemeinderat dann mehrheitlich zu, einen Familienstützpunkt beim Jugendamt des Landkreises zu beantragen.
Was die Familienstützpunkte von den meisten Angeboten in der Familien- und Jugendhilfe unterscheidet
Oft richten sich Angebote nur an Familien in speziellen Notlagen. Zudem sind viele Fachstellen eher in Ballungszentren – hier in der Region konkret im Stadtgebiet Würzburg – gelegen. Im Kragenlandkreis Würzburg profitieren davon eher die Kommunen in Stadtnähe. In Randgemeinden sind Angebote oft spärlich gesät.
Die Familienstützpunkte hingegen dienen als niederschwellige Anlaufstellen und Wegweiser für Familien, organisieren Elternbildungskurse, vernetzen Eltern untereinander und geben bei Problemen Hilfestellung sowie Vermittlung zu anderen Beratungsangeboten. Kurzum: Die Familienstützpunkte sollen den Familien in jeder Lebenslage beistehen – und zwar direkt am Wohnort. Dass das Angebot in den Gemeinden gut genutzt wird, zeigen die Teilnahmen der Familien
„Familien stehen heute vor großen Herausforderungen“, so Claudia Ruhe, Koordinatorin der Familienstützpunkte Landratsamts Würzburg. Die Familienbildung vor Ort habe gezeigt, dass die vielfältigen Themen für Eltern nicht immer einfach zu bewältigen seien. Durch die Arbeit in den Stützpunkten können oft Lösungen durch Gespräche, Elternbildungsangebote wie Hebammensprechstunden, Eltern-Cafés oder Elternabende gefunden werden. Die kurzen Wege sowie die Kontinuität der Angebote helfe gestressten Eltern, den Alltag mit den Kindern besser zu bewältigen. Und manchmal entlaste es auch schon zu sehen, dass man mit seinen Problemen nicht alleine ist.
Neben Problemlösungen bieten die Familienstützpunkte in Zusammenarbeit mit Vereinen und anderen Akteuren vor Ort aber auch jede Menge Spaß und Spiel. Ob Spielplatztreff, Väterturnen oder Walderlebnisse. Auch für die Sommerferien haben die Fachkräfte der Familienstützpunkte Tipps und Ideen für die ganze Familie gesammelt.
Quelle: Jugendamt WÜ
Beispiel Waldbüttelbrunn