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Erweitertes Urnengrabfeld LEBENSFLUSS im Veitshöchheimer Waldfriedhof fertiggestellt - Ein barrierefreies Grabfeld ist deutschlandweit einzigartig

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

An Allerheiligen 2014 wurde das an den "Lebensfluss" erinnernde modellhafte neue Urnen-Bestattungsquartier im Veitshöchheimer Waldfriedhof ökumenisch eingesegnet. Anstelle der starren Ausrichtung von Urnenwänden oder Grabreihen wurde damals auf einer  etwa 1000 Quadratmeter großen, lichtdurchfluteten Fläche des Friedhofes für 120.000 Euro nach der Planung des örtlichen Landschaftsarchitekten Thomas Struchholz ein Quartier mit 135 Urnenerdgräbern und 86 Urnenkammern in fließender und landschaftlich ansprechend gestalteter Form geschaffen, das neue Maßstäbe in der Bestattungskultur setzte. Das sich durch die Fläche schlängelnde Schotterbett soll an einen Fluss, den Lebensfluss erinnern, das Brücklein an den Übergang vom Diesseits ins Jenseits. Sitzbänke laden zum Meditieren ein, im Einklang mit der Natur harmonisch in die Umgebung der Waldszenerie eingebettet

Das Vorzeigeprojekt wurde denn auch so stark nachgefragt, dass inzwischen fast alle zur Verfügung stehenden Grabstätten belegt sind. Der Gemeinderat hatte vorausschauend bereits im März 2019 die von Thomas Struchholz erstellte Planung gebilligt, die innerhalb des Quartiers durch Umnutzung von Rasenflächen weitere 87 Doppel-Urnengrabstellen ermöglichte.

Der Landschaftsarchitekt beschäftigt sich seit Jahren nur noch mit Friedhöfen und ist auch in der Ausbildung von Bestattern und Hygienebeauftragten tätig.

Auf dem Foto freuen sich zwei Jahre später über das gelungene Werk  hinter dem Bereich des barrierefrei angelegten Grabfeldes v.l.n.r. Friedhofsgärtner Friedrich Reim aus Veitshöchheim Gartenbautechniker Micheal Hüser von der TBF-Dauergrabpflegegesellschaft in München, Friedhofsgärtner Hans Joachim Steger aus Würzburg, Steinmetz Josef Hofmann aus Versbach, Friedhofsplaner Thomas Struchholz aus Veitshöchheim, Bürgermeister Jürgen Götz,  Steinmetz Sebastian Geisendörfer aus Würzburg und von der Gemeinde Hochbauarchitektin Sabine Hartmann, Gärtnermeister Sebastian Heller und Bürgeramtsleiter Klaus Krautschneider.

"Was lange währt, wird endlich gut", sagte nun am Dienstagnachmittag Bürgermeister Jürgen Götz, als er bei einem Pressetermin den Abschluss der 110.000 Euro teuren Erweiterung, 11.000 Euro günstiger als veranschlagt, in Anwesenheit der an der Herstellung Beteiligten verkündete. Eigentlich dauerte die Bauzeit durch die beauftragte Firma Müller Landschaftsbau GmbH in Arnstein nach den Worten der gemeindlichen Architektin Sabine Hartmann  von Juli 2019 bis April 2020. Da aber noch in der bisherigen Anlage noch ausreichend Grabplätze zur Verfügung stand, wurde erst jetzt im Frühjahr die Erstbepflanzung durch die kooperierenden Friedhofgärtnerei Steger und Blumenhaus Reim vorgenommen und wurden durch die Interessengemeinschaft IG Naturstein GbR Würzburg die Grabsteine aufgestellt. Die Bewässerungsanlage installierte die Firma Steinbrecher e.K. in Würzburg, die auch die Grabenfräsarbeiten durchführte.

Herausragend und bisher deutschlandweit einmalig ist der realisierte Bau einer behindertengerechten Bestattungsanlage, hinter der im Bild oben die Vorgenannten stehen. Dabei wurde die Grabanlage  als Hochbeet angelegt. Durch eine Unterbaukonstruktion aus Cortenstahl sind 13 Doppelgrabstellen mit einem Rollstuhl unterfahrbar. Der Angehörige kann so auch sitzend die Grabstätte besuchen und Blumen oder Kerzen auf der im Vordergrund mit Kies gefüllten Gießwanne abstellen. So bleibt das Namensfeld frei. In diesem barrierefreien Grabfeld fließt die Flüssigkeit nach hinten ab zu den Bio-Urnen, die so schneller abgebaut werden. Ein Niederschlagsmesser sorgt dafür, dass die gesamte 1000 Quadratmeter große Urnengrabanlage, in unterschiedlich geregelten Kreisläufen individuell gesteuert, immer nachts um vier Uhr automatisch bewässert und so kein Tropfen zu viel vergossen wird.

Auf der Rückseite des Hochbeetes wurde das Grabfeld mit einer Bruchsteinmauer versehen, in die Grabplatten eingearbeitet sind. Davor in einem Grünstreifen liegen unter Kieselsteinen 13 Doppel-Urnenkammern. In jede der 87 Grabstellen wurden Röhren mit einem Verschlussdeckel für zwei Urnen eingebaut. Der Bestatter muss dadurch keine Grabungsarbeiten mehr durchführen welche die Grundbepflanzung zerstören würden. 

Auf diesem bereits bestehenden, aber noch nicht genutzten Grabfeld (Nr. 2 in Lageplan am Ende) erfolgte eine Umplanung. Es wurde , wie bereits zwei 2013 angelegte Grabfelder (Nr. 4 und 13 in Lageplan), vollständig mit 30 Grabstelen aus heimischem Muschelkalk oder Sandstein angelegt, so dass Hinterbliebene vor Ort den Urnenplatz auswählen können, der ihnen hinsichtlich Motiv und Gestaltung am besten gefällt. Hier vier Beispiele:

 

 

Steinmetze und Friedhofsgärtner sind bei diesem mustergültigen Projekt wieder in Vorleistung gegangen. Die 30 Stelen wurden von den beiden Steinmetzen Josef Hofmann und Sebastian Geisendörfer gestellt und vorfinanziert. Die jeweilige Stelen mit einem Preisunterschied bis zu 400 Euro, abhängig von der künstlerischen Gestaltung, müssen mit dem Erwerb der Grabstätte gekauft werden. Bei einer Bestattung muss dann nur noch die Grabstele mit einer Inschrift versehen werden, um alles andere, auch um die Pflege des Grabplatzes, braucht sich der Bürger nicht mehr zu kümmern.

Dieses neu angelegte Urnen-Grabfeld mit elf Bodenplatten (Lageplan Ziff. 17) ziert eine Naturstein-Stele mit der Beschriftung "Wenn ihr mich sucht, sucht mich in euren Herzen".

Hier wurde im Übergang zum Wald ein Grabfeld mit 18 Urnengemeinschaftsgräbern (Lageplan Ziff. 18) rund um eine wassergebundene Decke noch ohne Grabsteine angelegt, um zu sehen, ob auch ein Bedarf für eine persönlichere Urnenbestattung ohne bereits installiertem Steinmaterial besteht.

Die neuen Urnengrababschnitte werden auch weiterhin durch die Treuhandgesellschaft Bayerischer Friedhofsgärtner bewirtschaftet. Die Angehörigen schließen hierzu direkt einen Vertrag mit der TBF ab (www.dauergrabpflege-bayern.de) ab, die vor Ort mit den beiden auf Friedhofspflege spezialisierten Gärtnereien von Friedrich Reim Hans Joachim Steger kooperiert.

Bürgermeister Jürgen Götz: "Insgesamt kann festgestellt werden, dass mit dieser Erweiterung die ohnehin schon herausragende Urnengrabanlage eine weitere Steigerung der Bestattungsmöglichkeiten für die Veitshöchheimer Bürger erfährt und somit auch für die nahe Zukunft hier im in unseren Friedhöfen beispielhaft ausreichend Grabstätten und Bestattungsformen zur Verfügung stehen."

Durch diese Erweiterung sei der Vorbildcharakter der Anlage, wo bereits bei Teil I von auswärts sehr viele Interessen gekommen sind, um sich Anregungen zu holen, nochmals verstärkt worden.  Planer Struchholz: "Kann ich nur betonen, alles rennt hier mit dem Ergebnis: Bauen wir auch."

Auch für die Bürger ist es laut Bürgermeister ein hervorragender Service, ein Komplettpaket wählen zu können. Dieses sei schon bisher sehr gut angenommen, denn sonst hätte die Gemeinde die Anlage nicht erweitern müssen.  Hinzu komme nun noch die bereits begonnene Sanierung der Aussegnungshalle, um auch für die Bestattungen einen  würdigen und ansprechenden Rahmen bieten zu können.

Sein herzlicher Dank galt insbesondere dem Planer Thomas Struchholz, der seine Idee fortgesetzt und hier eine in Deutschland bislang in dieser barrierefreien Form einzigartige Urnenanlage konzipiert hat. So werde auch hier die Gemeinde ihrem Vorbildcharakter gerecht. Ebenso dankte der Bürgermeister dem Verwalter der gemeindlichen Friedhöfe Klaus Krautschneider für seine Koordination im Rathaus, auch der Architektin Sabine Hartmann im Hochbau und Gärtnermeister Sebastian Heller im Bauhof sowie den beteiligten Firmen, Gärtnereien und Steinmetzen.

Für Steinmetzmeister Josef Hofmann ist diese nicht alltägliche Anlage ein Pilotprojekt für  die ganze Region, (wenn nicht ganz Süddeutschland),  in der es nichts Vergleichbares gebe und schon gar nicht in dieser Qualität. So bedankte sich der Obermeister der Bildhauer- und Steinmetzinnung Unterfranken ganz herzlich bei der Gemeinde und deren Verwaltung, die das Projekt mit unglaublich viel Engagement und Herzblut begleitet habe. So  ist das Grabfeld auch ein Aushängeschild für die hiesigen Steinmetzbetriebe. Es sei aber auch ein Ort der Trauer, der einerseits auf die Hinterbliebenen Rücksicht nehme und sie mit einbinde sowie andererseits durch die dauerhafte Bepflanzung auch eine entpflichtende Grabstelle darstelle, so dass man sich nicht gezwungen fühlt, das Grabmal zu besuchen, sondern gerne hier zum Dialog verweile.

Planskizze des Landschaftsarchitekten Thomas Struchholz

Fotos Dieter Gürz

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