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Veitshöchheimer Schlappsäu beerdigten um Mitternacht unter lautem Wehklagen den Fasching

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Der Veitshöchheimer Fasching wird um Mitternacht im Rathaushof zu Grabe getragen

Lautes Wehklagen und Jaulen einer großen Schar  maskierter Lumpengestalten und Trauermarsch-Musik schreckten am Faschings-Dienstagabend kurz vor Mitternacht die Anlieger der Thüngersheimer Straße aus den Betten.

Die Originalgestalten der Veitshöchheimer Fasenacht, die Schlappsäu, waren zu später Stunde in den Hof der Röhms in der Thüngersheimer Straße eingefallen.

Hier versammelten sie sich, aus allen Teilen des Ortes kommend.

Für die Veitshöchheimer Schlappsäu war ihr Treiben am Faschingsdienstag der krönende Abschluss.  Denn wer  als Narr etwas auf sich hält in Veitshöchheim, geht an diesem Tag aus Tradition als Schlappsau. Eine Schlappsau, darunter versteht man eigentlich einen nachlässig gekleideten Menschen. In Veitshöchheim ist dieser Ausdruck am Faschingsdienstag eher ein Kompliment, denn die Veitshöchheimer Schlappsäue sind ein Stück Kultur. Wer eine richtige Schlappsau sein will, braucht dazu einen Lampenschirm als Kopfbedeckung und einen Vorhang als Umhang. Und erkennen soll man die Schlappsau auch nicht. Also gehört auch eine Maske dazu und sie verstellt ihre Stimme. Ein Brauch, der sonst nirgendwo noch zu finden ist.

Während die Lumpengestalten früher noch tagsüber auf der Straße ihr Unwesen trieben, sind sie, nun in Gruppen auftretend, am Faschingsdienstung bei vielen Veitshöchheimern gern gesehene Gäste. Keine Frage, dass sie auf ihrer stundenlangen Tour von Haus zu Haus schon allerhand Stehvermögen besitzen müssen. Überall wartete nämlich auf sie reichlich Speis und Trank.

Tolle Stimmung bringt natürlich eine Gruppe, wenn sie auch noch Instrumente dabei hat, wie die  Schlappsäu vom Musikverein, darunter auch Bürgermeister Jürgen Götz, die auch für die Prunksitzungen des VCC eine große Bereicherung waren. Sie waren im Laufe des Tages in zwölf Häusern zu Gast.

Vom Röhm-Hof ging die Prozession mit dem auf einem Wagen aufgebahrten Prinz Karneval hinter dem Bestattungskreuz im Trauermarsch zum Rathausinnenhof.

Die über 100 Lumpengestalten wurden dabei von den Schlappsau-Dudlern des Musikvereins unter der Leitung des Dirigenten Stefan Wagner in Schritt gehalten.

In der Dunkelheit des Rathaushofs wurde dann um Mitternacht Prinz Karneval zu Grabe getragen, der seit dem 11.11. in Veitshöchheim sein Unwesen getrieben hatte. Vorbei waren nun die tollen Feste, vorbei die schöne Zeit der Narretei.

Mit brennenden Kerzen wohnten die Schlappsäu und andere Faschingsgestalten der Zeremonie bei.

 

Als Beerdiger der Veitshöchheimer Fasenacht fungierte wie im Vorjahr Udo Backmund in Mönchskutte, der am Treppenaufgang zum Ehrenmalplatz des Mittelbaus im Rathaushof im Namen des  närrischen Dreigestirns (des Freibiers, des Asbach-Cola-Hütles und des Heiligen Silvaner) alle Schlappsäu und sonstigen Gestalten herzlich willkommen hieß.

In seiner Predigt machte der Mönch allen klar: "Wollt ihr heute Nacht ruhig ruhn, müsst ihr ernsthaft Buße tun."

Der Mönch zählte dann all die schlimmen Plagen auf, die eine Schlappsau kann beklagen, ehe dann die Schlappsaududler Helene Fischers Lied " Atemlos durch die Nacht - bis ein neuer Tag erwacht" anstimmten.

Nun flehte er das närrische Dreigestirn an, Leberfunktion, Spaß und Witz zu erhalten, vor zu dünnem Schiss zu bewahren, mehr vom Reben-Saft und eine Frauenschoß zu schenken.

Nicht nur die Schlappsaududler auch dieses Trio stimmte zu fortgeschrittener Zeit schrille Töne an.

Auch wurde es nach den Worten des  Predigers nun Zeit, mit dem Lied der Toten Hosen "An Tagen wie diesen…"  den vielen Häusern zu danken, die den Schlappsäu Zuflucht tun gewährn und mit Bier und Wein ernährn und so diese alte Tradition für nicht viel mehr als Gotteslohn bewahren. Ohne euch gings der Schlappsau an den Kragen."

Jetzt war es laut Mönch so langsam an der Zeit, den Fasching so langsam zu verscharren, bläst jedem lustigen und närrischen Haus der Aschermittwoch glei des Lebn aus und so erklang denn auch "Am Aschermittwoch ist alles vorbei…".

Traditionsgemäß brachte der Prediger aber zuvor noch die Fürbitten der heiteren Narrenschar zu Gehör, die jedes Mal mit „Heiliger Asbach hilf!“ einfiel:

  • Dass des Bild von unserm Sitzungspräsidenten, dem Manuel, als hüftenschwingende Sambatänzerin irgendwann widder aus meim Kopf rausgeht. Manuel mach weiter so.
  • Dass der neue pfeilschnelle Internetzugang von unserm Rathaus die Beamte net zu sehr aus ihrm Rhythmus bringt. So a Burnout-Welle kann sich des Rathaus net erlaub.
  • Dass die Vollsperrung zwische Veitshöche und Gadheim uns alle net ins Chaos stürzt. Wie solle mir denn da zu unserm Mittelpunkt find.
  • Dass unsre Elferrät im nächste Jahr vielleicht a mal widder auf e paar Ausswärtsspiele fahr könne. Die wolle net immer nur die eigene Mädli küss.
  • Dass bei der Kommunalwahl endlich mal wieder a paar Brötli an unsre Haus-Türn ghängt wern. Hab scho vor 6 Jahr jeden Tach drauf gwart.
  • Dass der Elmar als neuer Vorsitzender von ZweiUferland-Tourismus künftig immer zum richtigen Ufer find. Da kriegt die Frage „Bist du vom annern Ufer!“ ahh ganz neue Bedeutung.
  • Dass den Schlappsäu in Zukunft net die Häuser ausgehn.
  • Dass die in der Bundeswehrwohnanalage ansässigen Schwalben ihrn Umzug in den sakrisch teure, 10 Meter hohe Gfechtsturm gut überstehn. Nein, für Bordsteinschwalbn ist das nicht gedacht.
  • Dass mir mal ener erklär kann warum des rot-weiße EU-Mittelpunkts-Stängle so grumm auf dem Steh druff steht.
  • Dass die Neubürger aus dem Sandäcker-Baugebiet immer gsund und heil über die Mauer drüber komme, wenn sie zum Lidl oder ins Schwimmbad geh wolle.
  • Wenn de jetzt noch bei dere Mauer so a paar Schwalben-Gfechtstürm mit dazu stellst ham mir unsre eichene Zonengrenze.
  • Dass wir am 11.11. widder alle beisamme sin um den Fasching zu begrüßn.

Mönch: "Das alles gewähre uns das närrische Dreigestirn, das Freibier, das Hütle und der heilige Silvaner. Prost!"

Nach Freddy Brecks Lied "Rote Rosen"  verkündete er der Narrenschar, dass der Fasching  hier im Karrn krepiert ist an ihren Faschings-Sündn: "Versoffene, verluderte Bagasch, die Fasenacht ist jetzt am Arsch. Auf die Veitshöchheimer Fasenacht ein dreifaches Veitshöche Helau, Schlappsäu Helau, VCC Helau. Das Spektakel ist jetzt aus. Der Aschermittwoch hat uns nun bezwungen."

Als Abschieds-Lied schmetterten dann alle  30 Minuten nach Mitternacht das altbekannte "Veitshöchheimer Lied".

Foto (c) Dieter Gürz

Link auf Mainpost-Online-Bericht vom 26.2.2019 - zum Anklicken

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