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"Wir schauen zu, wie die Historie verfällt" - Ortschronist Thomas Struchholz sieht dringenden Handlungsbedarf an den fast 100 Jahre alten Franzosenmäuerchen

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

2013--Franzosenmauer-0.jpg 2013--Franzosenmauer-1.jpg 2013--Franzosenmauer-2.jpg  Fotos Thomas Struchholz

"Die fast 100 Jahre alten Franzosenmäuerchen, die noch heute die Straße „An der Steige“ säumen, sind ein Zeugnis aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, als französische Kriegsgefangene in Veitshöchheim zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden und dort der Nachwelt ein kunstvolles Trockenmauerwerk hinterließen, das auch als Mahnmal verstanden werden kann"

So würdigt Thomas Struchholz in seiner im Vorjahr erschienenen Ortschronik bislang ungeschütztes  Kulturgut. Mit Entsetzen musste er nun feststellen, wie seine Fotos dokumentieren, das in letzter Zeit ein ganzes Teilstück eingestürzt ist.

Diese Mäuerchen wurden laut Struchholz mit einer sonst fast nirgendwo erreichten Präzisionsarbeit als qualitativ hochwertige Trockenmauern errichtet, die noch völlig ohne jeden Mörtel erbaut wurden. Der Fugenverlauf sei mit seiner Fugendichte und waagrechten Ausführung im ganzen Ort nicht mehr zu finden. Der Hobby-Historiker muss es wissen, ist er doch beruflich als Landschaftsarchitekt tätig.  

Struchholz: "Es sind beredte Zeugnisse eigener Ortsgeschichte zum Ersten Weltkrieg mit seinen schrecklichen und traurigen Ereignissen jener Tage, derer sonst nur am Volkstrauertag einmal im Jahr mit Reden zumeist ohne örtlichen Bezug gedacht wird." 

Leider seien vom Eigentümer bereits an mehreren Stellen wohl aus Unwissenheit über den Wert der Anlage mehrfach völlig unprofessionelle Ausbesserungen mit Vermörtelung durchgeführt. Bei den Einsturzstellen könne man gut erkennen,  dass genügend Frostsicherheit im Mauerfutter eingebaut worden war. Es handele sich also um Setzungs- und Belastungsschäden, die man leicht hätte vorher beheben können.

Struchholz empfiehlt deshalb der Gemeinde, sich mit dem Eigentümer in Verbindung zu setzen und ihn auf den Sachverhalt hinzuweisen. Er hofft,  dass die nun dringend erfolgende Notsicherung und  Ausbesserung mit dem nötigen Fachwissen erfolgt, damit nach der alten Bauweise dieses Kulturgut nicht auch noch „kaputt-saniert“ wird und den Mörteltod stirbt.

Wie dem Ortschronisten noch vor Jahren von hochbetagten Mitbürgern berichtet wurde, habe man die hier in Veitshöchheim zwangsdeportierten Franzosen und arrestierten französischen Kriegsgefangenen dafür eingesetzt, die Wegeverhältnisse in Feld, Wald und Flurzu verbessern und die maroden alten Einfassungsmäuerchen der Flurstücke mit neuen ordentlichen Weinbergsmäuerchen zu bestücken. Die französische Arbeitskolonne verstand offenbar ihr Handwerk des Trockenmauerbaus so gut, dass der Begriff der Franzosenmäuerchen Eingang in den örtlichen Sprachgebrauch fand, denn dieses Mauerwerk wurde so akkurat und perfekt gesetzt, dass es den Zeitraum von fast 100 Jahren ohne große Renovierungsmaßnahmen überstanden hat. Struchholz: "Das fast fugenlose Trockenmauerwerk übertraf die in der angrenzenden Flur bestehenden Mäuerchen in der Qualität vielfach, auch heute noch wird dieser Handwerksstandard nur selten erreicht." 

Nach Ansicht von Struchholz sollten deshalb die Mäuerchen in ihrer Anlage dringend unter Schutz gestellt werden.

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