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Nach überstandenener Tumorerkrankung: Veitshöchheimer Günter Röhm pilgert 3500 Kilometer mit dem Rad zum Jakobsgrab nach Santiago de Compostela - Unterwegs zum 75. Geburtstag

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

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Noch im März war Günter Röhm vier Wochen auf Reha, um sich von den Auswirkungen einer Tumorerkrankung im Halsbereich zu erholen.  Aus Dankbarkeit über die Gesundung unternimmt nun der Veitshöchheimer, ganz auf sich allein gestellt, eine 3.500 Kilometer lange Pilgerreise auf seinem Treckingrad zum Jakobsgrab nach  Santiago de Compostela.

Im Bild links erbittet für dieses abenteuerliche Unternehmen Pfarrer Robert Borawski vor der Vituskirche im Rathaushof, dass Gott seine schützende Hand über den Pilger hält, er genug Zeit zum Verweilen hat und ein glückliches Wiedersehen. Auf dem Foto rechts wünscht dem Wallfahrer, der auf der Reise am 4. August 75 Jahre alt wird,  auch Bürgermeister Jürgen Götz alles Gute für dieses waghalsige Unternehmen. Täglich 70 Kilometer im Visier, will Röhm Mitte September sein Ziel erreichen. Dann hat auch seine Frau Christa (Foto rechts) vor, mit dem Flugzeug für zehn Tage in den heiligsten Ort Spaniens reisen, um dann mit ihrem Mann dessen Geburtstag nachzufeiern und in einer der prächtigsten Kathedralen der Christenheit eine Dankgebet zu sprechen. Auch sie hat allen Grund dazu nach einer erfolgreich überstandenen Krebserkrankung.

 

Für Günther  Röhm ist es bereits die fünfte lange Pilgertour auf dem Rad, zu dem berühmten spanischen Wallfahrtsort in Galizien im Nordwesten Spaniens bereits seine vierte, auf jeweils unterschiedlichen Routen.

  • 1989, also bereits vor einem Vierteljahrhudert, war er anlässlich seines 50. Geburtstages in das 1500 Kilometer entfernte Rom geradelt, neben Santiago und Jerusalem einem der bedeutendsten Pilgerorte des Mittelalters .
  • 2002  gerade pensioniert, konnte dann der  Bauingenieur im Alter von 62 Jahren nach 46 Tagen und 2950 zurück gelegten Kilometer  erstmals in Santiago de Campostela eine der prächtigsten Kathedralen der Christenheit bestaune. Der Legende nach sah im Jahr 825 ein Hirte ein Licht über einem Feld leuchten, das ihn zu einer Grabstätte führte, die der herbeigerufene Bischof als die von Jakobus dem Älteren identifizierte. Dieser war ein Jünger Jesu, der nach dem Tode Christi in der römischen Provinz Hispanien missioniert hatte. Zurückgekehrt nach Jerusalem wurde er laut Überlieferung im Jahr 44 enthauptet und als Märtyrer am Berg Sinai begraben. Wegen der Sarazeneneinfälle brachten Getreue seinen, Leichnam im 7. Jahrhundert nach Nordspanien. Ob man nun daran glaubt, dass sich das Grab des Apostels Jakobus tatsächlich in Santiago de Compostela befindet oder nicht, seine Bedeutung für die Entwicklung des Abendlandes ist unbestritten. Santiago steht in Zusammenhang mit der Rückeroberung Spaniens aus muslimischer Hand und schließlich hatte der Jakobsweg auch große Bedeutung für die Entwicklung der gotischen Baukunst.
    Damals führte der Weg des Pilgers über die Jakobskirche in Rothenburg, das Ulmer Münster und weiter über Konstanz in die Schweiz  und das Benediktinerkloster Einsiedeln mit der Gnadenkapelle der schwarzen Madonna. Über Luzern, Bern, Lausanne und Genf war er weiter nach Frankreich und hier über Lyon und Toulouse zu den Pyrenäen  bis auf 1650 Meter Höhe gelangt. Die restliche 700 Kilometer lange Strecke über Pamplona, Santo Domingo, Burgos und Leon war dann eine Reise durch die Geschichte christlicher Baukunst. Hier reihen sich Kirchen, Kapellen und wuchtige Kathedralen aneinander wie Perlen auf einer Schnur.
  • 2005 war Günter Röhm nach Gibraltar in den Süden Spaniens geflogen, um mit seinem Trekkingrad von Jerez de la Fronera aus drei Wochen lang auf dem 1450 Kilometer langen  „Silberweg“, der parallel zur portugiesischen Grenze verlaufenden „Ruta de la Plata“ zum Apostelgrab zu fahren.  Der dabei von dem Veitshöchheimer eingeschlagener Pilgerweg durch Andalusien, Extremadura, Kastilien-Leon und Galicien führt im Gegensatz zum Jakobsweg im Norden noch einen Dornröschenschlaf. Nur fünf Prozent aller Jakobspilger nehmen diese Süd-Route, die teilweise durch fast unberührte Naturlandschaften, Korkeichenwälder, steppenartige Weidelandschaften, grüne Gebirgspässe und Kirschblütenhaine führt. Die Straße diente aber schon bereits den Römern vor mehr als 2000 Jahren als Mittel zur Kolonisierung im Kampf gegen die iberischen Völker. Später machten sie sich auch die Mauren zu Nutzen. So ist das Kulturangebot hier auch wesentlich größer als im Norden, liegen doch an dieser Strecke nicht nur das legendäre Sevilla, sondern mit Merida, Caceres und Salamanca sogar drei Unesco-Weltkulturstädte. Es ist das Land der Tempelritter und Konquistadoren, in dem jede Stadt mit prachtvollen mittelalterlichen Burgen, Kirchen und Klöstern, alten Römer-Aquädukten, Brücken und Kopfsteinpflasterwegen aufwartet, die noch heute von den heftigen Kämpfen zwischen Christen und Mauren zeugen.
  • 2007 war dann Günter Röhm  40 Tage unterwegs, um mit seinem rundum voll bepackten Treckingrad die 2350 Kilometer von Veitshöchheims französischer Partnerstadt Pont-L’Evêque in der Normandie quer durch Frankreich nach Santiago de Compostela zurück zu legen. Obwohl er 21.690 Höhenmeter, viel Regen und meist viel Gegenwind zu überwinden hatte, bewältigte der Wallfahrer auch auf dieser Tour das anvisierte tägliche Pensum von durchschnittlich 67 Kilometer.

PilgerRoute.jpg

Akribisch hat der Abenteurer nun auch wieder seine nun schon vierte Reise in den berühmten spanischen Wallfahrtsort vom 26. Juni bis Mitte September 2014 vorbereitet. Die mit 3.500 Kilometer bisher mit Abstand längste Tour führt ihn dieses Mal zunächst nicht nach Süden über Ulm, sondern nach Westen über Heidelberg und Speyer ins französische Metz und über Dijon nach Lyon. Noch nicht entschieden hat sich Röhm, ob er dann über Toulouse nach Zaragoza fährt, oder die Strecke dorthin über Avignon und Montpellier  entlang der Mittelmeerküste bis Barcelona nimmt. Von Zaragoza jedenfalls geht es dann weiter über Toledo nach Madrid und von dort weiter über Valldolid und Astorga in den Nordwesten Spanziens zur Atlantikküste.

Wie bei all seinen Reisen zuvor, weist die Muschel auf der Lenkertasche Günter Röhm für jeden sichtbar als Pilger aus. Er will auch wieder täglich am Etappenziel als erstes ein Pfarrhaus aufsuchen, um sich den Stempel für seinen Pilgerpass zu holen. Der Wallfahrer ist sich sicher, dass es wieder erlebnisreiche Tage mit unvergesslichen Eindrücken sein werden und er auf seiner einer Reise durch fantastische Städte und abwechslungsreiche  Landschaften wieder viele interessante Begegnungen erfahren und Gespräche führen kann. Das angestrebte tägliche Fahrt-Pensum von 70 Kilometer hat er so gewählt, dass er unterwegs noch Zeit  hat, um die Vielzahl der den Pilgerweg säumenden historischen Bauwerke im Bild festzuhalten.

Wegen seiner Erkrankung hatte er vorher nicht viel Zeit zum Radeln und bevor er nun an den Start ging, nur 250 Kilometer im Training zurück gelegt. Der Arzt habe ihm jedoch für die beschwerliche Reise grünes Licht gegeben. Wichtig sei, täglich viel zu trinken und auch Magnesium als Nahrungsergänzung zu sich zu nehmen. So führt er in Reichweite seinere Hände auf dem Fahrradrahmen zwei Isolierflaschen mit und legt  Wert auf eine ausgewogene Ernährung und auf eine leichte Kost. Er favorisiert dabei Thunfisch. Röhm: "Wenn Magen und Darm nicht in Ordnung sind, kann man nicht Fahrrad fahren." In seinen insgesamt 25 Kilogramm schweren  vier Packtaschen führt er neben Schlafsack und Regenschutz nur noch eine zweite Garnitur Funktionswäsche sowie Toilettenartikel, Erste-Hilfe- und Reparatur-Beutel mit. Allein vier Kilogramm wiegen Kartenmaterial, Reise- und Sprachführer.

Obwohl Günter Röhm nie spanisch lernte, hat er sich einen gewissen Wortschatz auf seinen bisherigen Reisen angeeignet, kommen jeden Tag etwa zehn neue Wörter dazu. So ist ihm auch nicht bange, sich ausreichend verständigen zu können, zumal er in Spanien eine größere Hilfsbereitschaft feststellen konnte als in Deutschland.

 

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