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In typisch Altneihauser Manier: Norbert Neugirg, Christian Höllerer und fünf Musikanten knöpften sich Weihnachten vor mit satirischen Texten und swingender Volksmusik, Dixie, heimischen und internationalen Weihnachtsliedern

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Ein ganz und gar aus der Art gefallenes Weihnachtskonzert erlebten am Samstagabend die 230 Besucher in den Veitshöchheimer Mainfrankensälen:  Während Altneihauser-Kommandant Norbert Neugirg (links) und sein Regisseur Christian Höllerer (rechts) die Lachmuskeln der Zuschauer abwechselnd mit ihren  satirischen Texten, Anekdoten und Gedichten rund um die Weihnachtszeit strapazierten, begeistert der fünfköpfige Krippen-Löschzug der Feierwehr mit Rupert Beer  (Tuba), Armin Scharnagl (Trompete), Peter Fuhrmann (Tenorhorn), Wolfgang Lell (Akkordeon) und Thomas Kießling (Klarinette und Saxophon) mit swingender Volksmusik und Dixie, humorvollen Versionen heimischer Weihnachtslieder wie "Alle Jahre wieder" oder "Fröhliche Weihnacht überall" und internationalen X-mas-Chartstürmer. Sie unterhielten so nicht nur mit Sprachwitz und -akrobatik  aufs Beste.

Im Vorjahr hatten erstmals gemeinsam die Gemeinde Veitshöchheim und der Fastnachtsverband Franken (FVF) mit Sitz im Ort zu einem Weihnachtskonzert mit den Mainzer Hofsängern in die Mainfrankensäle eingeladen. Nach dem diese Premiere mit 550 Besuchern eine tolle Resonanz fand, luden Bürgermeister Jürgen Götz (links) und FVF-Präsident Marco Anderlik heuer am dritten Adventssamstag zur  WEIHNACHTSLESUNG und KONZERT mit der Altneihauser Feierwehrkapell'n  ein, das jedoch weit weniger als die Hälfte der Besucherzahl des Vorjahres anzog.

Von Fastnachtsseite aus begrüßte Anderlik besonders FVF-Ehrenmitglied Barbara Stamm, Ehrenpräsident Bernhard Schlereth, seinen Stellvertreter Michael Ank, die Bezirkspräsidenten Uschi Klein aus Mittelfranken und Norbert Greger aus Oberfranken und den neuen Leiter des BR-Studios Franken Tassilo Forchheimer und dessen Stellvertreter Norbert Küber so Götz von Gemeindeseite aus   Altbürgermeister Rainer Kinzkofer, Domkapitular Clemens Bieber und der katholische Ortspfarrer Robert Borawski.

"Spritzig, geistreich und nicht unter die Gürtellinie", so äußerte sich der Veitshöchheimer katholische Ortspfarrer Robert Borawski (2.v.l.) total begeistert über die weihnachtliche Bescherung der besonderen Art, die der Altneihauser Kommandant Norbert Neugirg, dieses Mal gewaschen und ohne schadhafte Zahnreihen, mit fünf seiner Mitstreiter den Zuhörern aus einem satirischen Blickwinkel, auf keinen Fall besinnlich präsentierte.

Die seit 1985 bestehende Altneihauser Feierwehrkapell‘n, dessen Name sich vom Biotop Altneuhaus im Naturschutzgebiet Waldnaabtal herleitet, wurde mit seinem scharfzüngigen Kommandanten Norbert Neugirg zunächst mit Fernsehauftritten in der Volkstümlichen Hitparade des ZDF seit 2006 mit jährlichen Auftritten in der Kultsendung Fastnacht in Franken des BR Fernsehens aus den Veitshöchheimer Mainfrankensälen einem größeren Publikum bekannt.

Nach Aufgabe seines Berufes als Bürokaufmann und Abteilungsleiter ist der Kommandant seit 2000 hauptberuflich als  Kabarettist, Schauspieler, Moderator, Kolumnist, Musiker, Autor und Ghostwriter tätig und so auch Texter und Hauptakteur seines „Haufens“, in dem er aber auch als Trompeter mitwirkt.

Seine selbst gereimten provokanten und „rotzfrechen“ Verse wie „Leut’, die nichts Gescheites treiben, neigen gern zum Bücherschreiben“ scheint er selbst zu beherzigen. So veröffentlichte der 59jährige schon vier Bücher (siehe nachstehender Link).

Wie könnte es anders sein, lassen Neugirg und Höllerer  in ihrem Prolog adventliche Altneihauser-Lobpreisungen auf Veitshöchheim und die umliegenden Nester los und auch der Bürgermeister bekommt sein Fett ab. Hier ein Auszug: 

"Darf man auf Erlösung hoffen?
Nein! Heute hat es Sie getroffen:

Veitshöchheim, das bei Gadham liegt,
mit einem Volk, das schon die Krise kriegt,
weil man, falls der Brexit käme,
die Mitte der EU einnähme.
Obwohl noch nichts beschlossen ist,
tanzt der Franke auf dem Mist,
Euphorie-besoffen, froh gestimmt,
weil Franken sich gern wichtig nimmt!

Sogar der Bauernsender WDR
muss demnächst hierher,
und wird via Magazin am Morgen
in Veitshöchheim dafür sorgen,
dass sich Frankens Rebstocknasen
im Fernsehn wieder selbst aufblasen.
Im Freien vierzehn Tage lang
wird für Veitshöchheims Geltungsdrang,
die Sendung täglich live gebaut,
von Fünf bis Neun, wo keiner schaut.

Da jede andere Kapelle Abstand nahm,
als Veitshöchheim mit der Bitte kam,
in diesem Fastnachtsbunker aufzutreten
hat man schließlich uns gebeten,
und wir haben uns herabgelassen,
schließlich den Entschluss zu fassen,
es in Veitshöchheim zu versuchen -
Marokko wollte uns nicht buchen!

Veitshöchheims Bürgermeister Götz
lebt streng nach dem Gesetz,
auch jene, die ihn gar nicht buchen,
mit seinem Es-Sax heimzusuchen.

Jürgen Götz ist CSU-Mitglied,
was man am Gesicht auch sieht,
und wird ihm ums Herz noch schwerer
bläst er zum Leidwesen der Hörer
selbst noch so volle Säle leer,
wenn Bernhard Schlereth Bürgermeister wär‘,
wär‘ Veitshöchheim viel erspart geblieben
und Götz könnte zu Hause üben.


Der neue Mainsteg ist in Planung
und aufgrund seiner Erahnung,
sägte am geplanten Fleck
ein Stoßtrupp alle Bäume weg.
Die Stelle liegt nun Jahre brach,
die Bäume wuchsen wieder nach,
und sind größer als vorher,
beim Tempo tut sich Franken schwer.

Bürgermeister Götz hat uns gesagt,
dass er gern sein Saxophon auspackt,
falls er heut‘ benötigt wird,
und damit das nicht passiert,
wird die Fehler, die vom Götz herrühren,
die Kapelle selber produzieren."

Und auch der in der Fernsehsitzung gewohnte Schmäh auf die Franken und die Oberbayern fehlte nicht:

Höllerer: "Wer in Deutschland etwas auf sich hält, kommt als Bayer auf die Welt und die mit dem meisten Grips und Schmalz, die kommen aus der Oberpfalz, weiter unten in  der Hierarchie kommt der Franke unterm Vieh zwischen Aas und Gänsegeiern folgt der Oberbayer."

"The little Drummerboy" (Das kleine Jesuskind) ließen die fünf Musiker gleich zu Beginn instrumental erklingen, um zu verdeutlichen, dass ein Schwerpunkt des Abends ohne jeglichen Weihnachtsschmuck im  Saal der Jahreszeit angemessen der Besinnung gilt.

Doch Neugirg's nächster Satz "Advent, Advent, es klingt und klingelt, der Mensch wird von Bim Bim umzingelt, und Weihnachten wird's trotz Erlöser, alle Jahr  das Glump noch größer" ließ schon erwarten, dass er und sein Kompagnon so gut wie alles auf die Schippe nahmen, was die Advents- und Weihnachtszeit so hergibt.

Weihnachten, das ist nach ihren Reimen die Zeit, so wo der Briefkasten Papier ausspeit, wo Zeitungen sich überschlagen mit Zentnern von Prospektbeilagen mit unendlich sinnlos produzierten Dingen und der Schrecken aller Weihnachtslieder LAST CHRISTMAS auf uns hernieder fällt.

"Was ist denn vor 2.000 Jahren der Menschheit widerfahren, war da nicht der Baubeginn des Flughafens von Berlin?" fragt Neugirg. Denn der Grund, warum Weihnachten gefeiert werde, der sei nicht wichtig, gegessen werde und gesoffen auch, denn Weihnachten sei ein schöner Brauch. Es wird offenbar, dass er gar nichts von dem kommerziellen Weihnachtsrummel hält.

Thomas Kießling stach nicht nur mit exzellentem Klarinetten- und Saxophonspiel, sondern auch mit gewagten Improvisationen, so auch mit schrillen Tönen auf der Pfeife hervor nach dem Motto "Fürchtet Euch nicht!"

Genauso misstönig ließen Armin Scharnagl und Peter Fuhrmann am Blasklavier (Melodica) ein Weihnachtslied erklingen.

Neugierg sprach von manischer Budenhysterie, Überflutung des Abendlandes mit Weihnachtsmärkten, Weihnachts-Malaria, Christkindl-Mobilmachung, Umsatzgier, Amazon-Shopping und "spätestens wenn man vom Gasgemisch des Budenzaubers die Nase voll hat, wisse man warum die Heilige Familie geflohen ist.

In einem Potpourri verpasste die Truppe traditionelle Weihnachtslieder mit zeitkritischen Texten so  "Morgen Kinder wird was geben" (morgen kommt das Kindergeld, da wird Vater einen heben) und "Ihr Kinderlein kommet" (die Kinder in Deutschland sind fett und drall) oder "Morgen kommt der Weihnachtsmann" (mit der Deutschen Bahn kommt er erst in 14 Tagen), weiter "Vom Himmel hoch, da komm ich her, trotz Weltraumschrott und Flugverkehr, durch ein Löchlein im Ozon".

Durch den Kakao zogen die Musiker so auch "Es ist ein Ross entsprungen, im Schlachthof Bukarest, in Lasagne verzaubert über Nacht" oder "Heidschi bum beidschi, geb Obacht Kriegskinder, dann lebt ihr gesunder, für euch werden Bomben wie Spielzeug gebaut, die es euch dann um eure Ohrwascheln haut". Schließlich erklang "Stille Nacht, Heilige Nacht, Gänsehaut, die ist zu Weihnachten üblich, besser als eine Hornhaut auf der Seele, frohes Fest".

Feierwehr-Regisseur Christian Höllerer erheiterte als sturzbesoffener Bäcker des Weihnachtsmannkuchens, dabei einen ganzen Liter Whisky einsetzend, um dann volltrunken das Lied vom "Rudolph, das Rentier" zu lallen.

Dramatisch dann Höllerers Erlebnisse über den ständigen Schneefall, wo er nach Umzug in die Berge nach anfänglicher Begeisterung im Laufe des Dezember immer mehr eingeschneit wird und er vor lauter Schaufeln keine Zeit hat,  Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Schließlich hat er die Schnauze so voll hat von dem "scheiß Schnee", dass er förmlich ausrastet, als die Musiker dann auch noch das Lied "Leise rieselt der Schnee" anstimmen.

Mit einem flotten, höchst virtuos gespielten Ländler verabschieden die Musiker das Publikum in die Pause, nach einem ersten Teil, in denen die Komiker die Vorstellungen einer heilen Christbaumwelt zu Hackschnitzel gemacht hatten.

Mit dem Lied "Es wird scho gleich dunkel, hei-hei, hei-hei! Schlaf süß, herzliebs Kind!" begann dann der zweite Teil nach der Pause recht stad, bis dann die Musiker ins Gegensteil umschwenkten und  mit "weihnachtlichen Sprengsätzen  das unausweichliche tragische Ende dieses sinnlosen Abends" anstrebten. So stimmte die Gruppe  nach der Melodie des Ohrwurms der Hot Dogs "Schaug hi, da liegt a toter Fisch im Wasser" einen Lobgesang auf die Oberpfälzer an mit dem Refrain "Ho ho ho ho": "Oberpfälzer haben rauhen Charme, Franken, Franken sind im Geiste alt, da hilft man gern, die Oberpfalz ist Bayerns Stern".

Nicht mehr wiederzuerkennen waren zur Überraschung des Publikums die beiden Lektoren, so Norbert Neugirg im rotgestreiften Weihnachts-Anzug im American-Look, der sich genötigt sah, angesichts des lächerlich geringen Eintrittsgeldes (immerhin 27 Euro) aufgrund des Starrsinns der Gäste noch mehr Zeit in der fastnachtsvernebelten Weinbau-Bronx zu verbringen, anstatt in einem Wirtshaus im schöneren Margetshöchheim.

Im von Neugirg geschaffenen Zyklus "Weihnachtsdramen" muss im ersten Teil  der Ehemann nach einer Irrfahrt nachtanken, weil die Christbaumsuche der Ehefrau schon mehr als 13 Stunden dauert in der Erkenntnis, nächstes Jahr erst abends loszufahren, weil Frauen, wenn die Lichter schwinden, eher Bäume finden. 

Im  zweiten Teil karikiert Neugirg das missratene  Essen "Bratwürscht mit Sauerkraut" an Heiligabend: "Wohl dem der diesem Zeug misstraut, beweist uns doch der Tod vom Hund, Bratwürste sind ungesund."

Mit klingelnden Fanfarentönen und der tiefen Tuba läuteten die Musiker Neugirgs Lachtränen auslösenden dritten Teil ein mit der drastischen Schilderung der diffizilen Zubereitung der Weihnachtsgans durch den vor dem Ofen besoffenen liegenden Schwager Hans, die er dann gerade noch gerettet, an das verwandte Volk verfüttert. 

Im vierten Teil trifft sich der Christmettenchor nach dem reichlichen fetten Festessen auf dem zum Bersten vollen Chorbalkon zur Lobpreisung des Herrn, gleich was die Verdauung macht. Es zieht aber nicht nur die Klangwolke auf mit Pracht. Den Chorleiter erreicht ein Luftgemisch aus Lachs und Ente, Knoblauch und Hirschfilet, Melissengeist und Sauerkraut und auch das Weihnachtsbier wird wieder munter  - da muss der Chorleiter ganz schön nach Luft wringen, sein Taktstock senkt sich, ohne Sauerstoff geht es zu Ende. Das Gloria droht nun abzustürzen, die Christmette sich abzukürzen, sich dann doch das Schicksal wendet, in dem sich kurz vor dem Organversagen das Gedärm des Dirigenten leert und dieser zurück ins Leben findet, Mettenhauch und Bauchweh weggeblasen. Beim Stille Nacht im Kerzenschein, war die Luft dann glockenrein.

Neugirgs Kompagnon Christian Höllerer blühte im dunkelbraunen, mit weißen Sternen übersäten Modeanzug förmlich auf.

So gab er die Geschichte vom Onkel aus Amerika zum Besten, dessen Asche im Weihnachtsgeschenke-Karton der Familie in Deutschland 1946 aus Unkenntnis als Weihnachtsessen dient,

Die fünf Musiker unter der Leitung von Peter Fuhrmann brillierten im zweiten Teil passend zum Outfit der Erzähler und deren Geschichten mit swingender Volksmusik, Dixie und internationalen X-mas-Chartstürmer.

Passend zur Melodie von Peter Alexanders Schlager "Wie Böhmen noch bei Österreich war" mimte Höllerer den vierten aus Böhmen kommenden "Heiligen König" nach: Fürs Kindlein in der Krippe hatte er als Gabe echten Olmützer Käse eingepackt, der bei der Ankunft in Bethlehems Stall unter der Wüstenhitze gelitten hatte, sodass der Josef die Maria fragte, ob das Jesuskind schon wieder eingesch...., was der Evangelist allerdings verschwiegen habe.

Mit Jingle Bells klang die satirische Weihnachtslesung der Altneihauser aus. Als Zugabe gab es dann noch "Feliz Navidad" und das Lied vom Christbaum-Klau.

 

Nach knapp zweieinhalb vergnüglichen Stunden hieß es dann: "Advent, Advent, die Zeit verraucht, Ihr Eintrittsgeld ist aufgebraucht". Wegen illegalen Aufenthalts wurde das Publikum des Saals verwiesen.

Und zum Schluss gab es noch bei den Weihnachtswünschen einen Seitenhieb auf den Bürgermeister: "Das Christkind segne die Personen, die immer dem Moment beiwohnen, in welchem Bürgermeister Götz brilliert, sein Es-Sax malträtiert und dann noch meint, er musiziert. Der Himmel segne den Herrn Bürgermeister und den Büroschlaf seiner Rathausgeister.  Er möge ihn und sie alle erleuchten, sie sehn so aus, als ob sie es bräuchten."

Fotos (c) Dieter Gürz

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