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39 Veitshöchheimer feierten in der Toskana 25jährige Partnerschaft mit Greve in Chianti

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

25 Jahre besteht die Partnerschaft zwischen Veitshöchheim und Greve in Chianti in der Toskana, über das sich im Bild die beiden Bürgermeister Jürgen Götz und Paolo Sottani freuen.

Foto Marc Winter

"Wenn auch die Anreise unerwartet lang dauerte, waren doch die drei Tage, in denen sich die Gruppe in der toskanischen Partnergemeinde aufhielt, geprägt von einem spannenden und vielfältigen Programm." Dieses Fazit zieht Veitshöchheims italiienische Partnerschaftsbeauftragte Ilse Feser in ihrem Bericht über die der Bürgerreise nach Greve in Chianti, an der 39 Veitshöchheimer teilnehmen (davon 37 im Bus).

Foto vom Empfang im Rathaus von Greve in Chianti von Marc Winter: v.l.n.r. Ilse Feser, Paolo Sottani und Jürgen Götz

Die Feierlichkeiten anlässlich des 25jährigen Partnerschaftsjubiläums begann mit einem offiziellen Empfang durch Bürgermeister Paolo Sottani und dessen Stellvertreter Lorenzo Lotti, der Assessor für Kultur und in dieser Funktion auch zuständig für die zahlreichen Partnerschaften der Gemeinde ist.

Die beiden Bürgermeister Paolo Sottani und Jürgen Götz beschrieben die Aktivitäten in der Partnerschaft während der letzten 25 Jahren. Aus Sicht der Gemeinde Greve in Chianti sei die Partnerschaft die lebendigste von den 13 Partnerschaften, die Greve inzwischen abgeschlossen hat.

Paolo Sottani präsentierte beim Empfang die Originalurkunde, mit der vor 25 Jahren die beiden damaligen Bürgermeister Paolo Saturnini und Rainer Kinzkofer die Verbindung besiegelten.

"Gute Freunde zu besuchen ist jedes Mal aufs Neue ein freudiges Erlebnis auf welches man lange Zeit im Voraus hin fiebert. Erst Recht, wenn die Freunde über 1000 km weit Weg zu Hause sind." Diese Empfindung stellte Veitshöchheims Bürgermeister Jürgen Götz an den Beginn seiner Rede, in der er auf ein Vierteljahrhundert lebendiger Partnerschaft zwischen beiden Kommunen zurückblickte.

Sie habe sich längst zu einer Freundschaft zwischen beiden Gemeinwesen entwickelt, in die Bürger einbezogen seien und die quasi zu einer Selbstverständlichkeit geworden sei. Dies zeige sich auch bei diesem Besuch im Rahmen einer Bürgerreise.  Die Partnerschaft habe die Jahrzehnte ohne jede "Beziehungskrise" überstanden. Ihr Fundament sei fest gegründet und stabil und auf ihm sei ein "Freundschaftshaus" errichtet worden, an dessen Bau viele Menschen mit Rat und Tat und voller Begeisterung mitgewirkt hätten.

Am wichtigsten waren nach den Worten des Bürgermeisters stets die Begegnungen zwischen den Menschen.Götz: "Unsere gelebte Städtepartnerschaft führt uns vor Augen, welche Bedeutung ein friedliches Miteinander von Völkergemeinschaften hat und wie viel Kraft von ihr ausgeht."

Gerade angesichts der aktuellen Krisenherde in vielen Regionen auf unserer Erde und dem Leid, das Menschen dort ertragen müssen, werde das kostbare Gut des Friedens und der Partnerschaft noch wertvoller. Dieses zu erhalten müsse ein Herzensanliegen aller Menschen sein.

So dürfe man auch Gedanken an ein geeintes Europa nicht "kleinreden" und in schwierigen Zeiten nicht zurückfallen in eine Phase der nationalen Egoismen. Diese berge die Gefahr, dass überwunden geglaubter Nationalismus mit all seinen schädlichen Auswirkungen wieder auflebt.

Ein geeintes Europa ist, so Götz, aber nicht nur Teil der großen Politik. Vielmehr würden vor allem auch die Partnerschaften zwischen Städten und Gemeinden und ihren  Bürgern über  Staatsgrenzen hinweg diese europäische Gemeinschaft ausmachen.  

Eine Partnerschaft zwischen zwei Orten, sollte aber nicht nur auf dem Papier existieren, sondern auch gelebt werden. Hier verwies Veitshöchheims Ortsoberhaupt darauf, dass gegenseitige Besuche von Vereinen und Institutionen wie Sportverein, die Jägerschaft, der Musikverein (der erst an Pfingsten hier war), die Schulen, die Sing- und Musikschulen (mit in Greve dabei waren auch die langjährige Musikschulleiterin Dorothea Völker mit ihrer Kollegin Martine Streib) dazu beigetragen haben, die Partnerschaft lebendig zu erhalten.

Auch zahlreiche Aktionen, welche durch die Kommunen selbst bzw.  durch die Partnerschaftskomitees  organisiert wurden wie regelmäßige Jugendaustausche, gegenseitige Besuche der Musikschulen beider Orte,  Kunstausstellungen, Kunstworkshops  und Weihnachtsmarktaktionen, um nur einige Beispiele zu nennen, fanden in der bisherigen Geschichte der Partnerschaft statt.

Gedenktafel zum 20. Jubiläum der Partnerschaft

Trotz der heutigen Kommunikationsmöglichkeiten über weite Entfernungen sei der persönliche Kontakt, das direkte Gespräch mit einem Gegenüber immer noch der beste Weg, um sich kennenzulernen, Erfahrungen und Ansichten auszutauschen. Gerade durch die intensiven Begegnungen werde immer wieder deutlich, wie sehr wir von den gegenseitigen Kontakten profitieren.

So dankte der Bürgermeister bei dieser Gelegenheit bei allen bedanken, die sich in den vergangenen 25 Jahren für die Partnerschaft eingesetzt und an ihr mitgearbeitet haben. So galt sein Dank in erster Linie Dank der Partnerschaftsbeauftragen Ilse Feser, die diese Partnerschaft von Anbeginn als Beauftragte und Spiritus rectus begleitet hat, weiter Hella Albert  vom Partnerschaftskomitee, seiner Kulturreferentin Dr. Martina Edelmann und natürlich  Altbürgermeister Rainer Kinzkofer, der über viele Jahre mit Herzblut die Partnerschaft begleitet hat sowie auf Seiten Greves  Flavia Afortuniati und ihrem Mann, Altbürgermeister Paolo Saturnini, Hiltrud Müller, Enzo Anichini  und natürlich seinem Kollegen Paolo Sottani.

Besonders dankte Götz auch Sieglinde Winter-Denk, die seit einigen Jahren den Italienischen Gesprächskreis in Veitshöchheim leitet und ihm nun auch während des Aufenthalts in Greve als Dolmetscherin assistierte.

Götz: "Die Möglichkeiten unserer Partnerschaft sind noch nicht ausgeschöpft.So hoffe und wünsche ich, dass unsere Partnerschaft weiter blühe und gedeihe und dass vor allem auch immer wieder junge Leute bereit sind sich mit einzubringen."

(vorige Fotos Alessandra Moletti)

Ein sehr ernster Programmpunkt folgte nun: Die Kranzniederlegung am Mahnmal für ein Massaker, das vor 75 Jahren  von der deutschen Wehrmacht an örtlichen Zivilisten verübt wurde. Dieses Mahnmal war drei Monate nach der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde errichtet worden. Von dieser Tatsache war nichts bekannt, bis die Veitshöchheimer Historikerin Dr. Anne-Marie Greving durch Zufall bei Recherchen auf ein Foto stieß, das dies belegte. In einem Vortrag im letzten Jahr in der Bücherei im Bahnhof fand sie ein großes interessiertes Publikum, bei dem die Schilderung der Verbrechen große Betroffenheit auslöste (siehe nachstehender Link).

Auf Einladung der Gemeinde Greve in Chianti wird nun  Dr. Anne-Marie Greving ihren Vortrag über das Massaker an der Zivilbevölkerung durch die deutsche Wehrmacht am 20. und 21. Juli 1944 sowohl für die dritten Klassen der Scuola Media di Greve in Chianti als auch für die Öffentlichkeit in der gemeindlichen Bibliothek von Greve halten.

Dem Bürgermeister von Greve in Chianti, Paolo Sottani, war es ein besonderes Anliegen, dass der Vortrag über dieses dunkle Kapitel deutsch-italienischer Geschichte nicht nur an der Schule, sondern auch für die Allgemeinheit gehalten wird.

 Es war ein hochemotionaler Moment, als  beide Bürgermeister je einen Kranz am Mahnmal niederlegten. Auch der kirchliche Segen und ein Trompetensolo „Il Silenzio“ unterstrichen die Bedeutung dieses Augenblicks.

Bürgermeister Götz erklärte: "Es ist kein einfacher Weg für uns, heute mit Ihnen an dieser Gedenkstätte zu stehen, standen doch für uns in den letzten 25 Jahren immer die Freundschaft, das fröhliche Miteinander, der rege Austausch in so vielen Bereichen im Vordergrund. Die finstere Seite, die Ereignisse des 2. Weltkrieges blieben ausgeblendet, sie waren nicht Thema und sie waren uns nicht präsent und bekannt. Wir wussten einfach nicht genug. Und deshalb wollen wir heute unserer Scham und unserer Trauer über diese schrecklichen Taten Ausdruck geben, wir wollen uns verneigen vor den Toten der Massaker von Greve. Unser gemeinsames Europa gründet auf dem Versprechen, nie wieder Nationalismus, nie wieder Rassismus, nie wieder Gewalt und Hetze. Dafür müssen wir uns stark machen, dafür müssen wir kämpfen, damit wir nicht anfällig werden für Intoleranz und Gewalt. Das schulden wir den Opfern und den Überlebenden, das gebietet die Verantwortung für unsere gemeinsame europäische Zukunft." 

Die Gedenkstunde endete mit der Pflanzung von je zwei Reben direkt neben dem Mahnmal. Auf der dazugehörigen Gedenktafel steht: „Unsere Städtepartnerschaft ist wie diese Reben. Es kommt nicht darauf an, wie hoch sie sind, sondern wie tief ihre Wurzeln verankert sind“.

Ilse Feser stellt dazu fest: "Mit diesem Tag hat unsere Partnerschaft eine neue Dimension erreicht und in den folgenden Tagen wurde es auch immer wieder thematisiert, wie wichtig für unsere italienischen Freunde diese Aktion war."

Fotos Kranzniederlegung und Rebpflanzung Marc Winter

Im Anschluss war die Gruppe dann von der Gemeinde Greve in Chianti zu einem Mittagessen eingeladen.

Der nächste Programmpunkt führte in das Weinmuseum, das die Metzgerei Falorni im Zentrum Greves eingerichtet hat. Da gab es einen Überblick über allerlei Gerätschaften, die von Alters her bei der Weinerzeugung zum Einsatz kamen.

Ein Höhepunkt dieses Besuchs war der Blick in die eigentlich nicht zugängliche „Schatzkammer“ der Metzgerei: In einem Keller reiften unzählige Schinken der Schweinerasse Cinta Senese.

Hierbei handelt es sich um eine Kreuzung zwischen Haus- und Wildschwein, die eine ganz besondere Fleischqualität erbringt. So war dann auch ein Teil davon bereits für Königin Paolo von Belgien reserviert, die sich alljährlich in der Toskana aufhält.

Foto: Ilse Feser

https://falorni.it

Ein weiterer gemeinsamer Punkt  war dann ein Abendessen in der Casa del Popolo in Chioccio, einem Ortsteil von Greve in Chianti. Wir hatten Lebensmittel und Wein mitgebracht, um das Menü anzureichern und zu beweisen, dass die jeweils typischen Produkte kompatibel sind.

Den toskanischen Beitrag erbrachte eine Jägergruppe, die Wildschweingerichte in zweierlei Zubereitungsart kreiert hatte, zusammen mit Pasta, die Giovanni Fabbri aus seiner handwerklichen Fertigung beigesteuert hatte. Stellvertretend für alle hilfreichen Hände dankte Feser an dieser Stelle Carola Weismantel und Reiner Müller.

Am zweiten Tag wurde kurzfristig ein am Vorabend spontan vereinbarter Besuch im Pastificcio Giovanni Fabbri in Strada eingeschoben. Giovanni Fabbri war es ein Anliegen, zu zeigen, wie seine Pasta schonend aus hochwertigsten Grundstoffen handwerklich erzeugt wird. Feser: Beim Weihnachtsmarkt am 2. Advent gibt es wieder die Gelegenheit, diese auch in Veitshöchheim zu erwerben

http://www.pastafabbri.it

In Impruneta, wo es die berühmte winterharte Keramik gibt, konnten die Veitshöchheimer den Terracotta-Betrieb Ricceri besichtigen. Neben traditionellen Produkten wurde hier die Angebotspalette weiterentwickelt. So gab es laut Feser beispielsweise vielbewunderte kugelförmige Bluetooth-Lautsprecher, deren Qualität schon beim Eintreten in die Werkstatt anhand der abgespielten klassischen Musik überzeugte.

http://www.sergioricceri.com

Foto Hella Albert

Für den Nachmittag hatte die Gemeinde Greve in Chianti  eine Führung in den Neuen Kellern der Cantina Antinori organisiert. Schon bei der Ankunft in diesem Weingut betrat die Reisegruppe eine neue Welt. Es hatte absolut nichts mit dem zu tun, was man sich üblicherweise vorstellt. Der Familie Antinori war das bisherige Weingut in San Casciano zu klein geworden, deshalb wurde mit Hilfe des Architekturbüros Archea aus Florenz diese monumentale Anlage in Bargino errichtet. Die Bauzeit dauerte von 2007 bis 2012, bei Baukosten von 85 Millionen Euro. Auf der Gesamtgrundfläche von 40.000 qm können nun jährlich drei Millionen Flaschen des berühmten Antinori-Weines produziert werden.

https://www.detail.de/artikel/introvertierte-landschaft-weinkellerei-nahe-florenz-10859/

Fotos Antinori von  Ilse Feser

Eine weitere Gelegenheit, die moderne Fortentwicklung in der Partnergemeinde zu erleben, ergab sich für die Reisegruppe am gleichen Abend bei einer Olivenöl-Verkostung im Rahmen eines Menüs im neu geschaffenen Geschäft mit Lokal von Gionni Pruneti.

Ilse Feser: "In den vergangenen Jahren hatten wir schon mehrmals die Gelegenheit zu einer Ölverkostung – erstmals im alten Gebäude und dann in der modernen neuen Ölmühle in San Polo. Diese Linie zog sich nun weiter bis ins Zentrum von Greve in Chianti, wo ein modern gestalteter Raum die Möglichkeit bietet, alle Olivenölerzeugnisse  des Unternehmens zu kosten und zu erwerben."

Fotos Ölverkostung Flavia Affortunati

https://www.pruneti.it
 

Am Samstag war natürlich der obligatorische Marktbesuch in Greve ein wichtiger Programmpunkt.

Danach ging es in Begleitung von Malcolm Warren (ein Brite, der seit vielen Jahren in Greve lebt) nach Siena. Dort ergab sich die seltene Gelegenheit, die normalerweise abgedeckten Fußböden des Doms zu sehen. Im Bus hatte Malcolm den Ablauf des im August stattfindenden Palios erklärt, so dass man sich vor Ort an der Piazza del Campo das Rennen mit etwas Fantasie vorstellen konnte.

Am Sonntag hieß es dann Abschied nehmen: Bürgermeister Paolo Sottani und Hiltrud Müller, die die Partnerschaft von Anfang an begleitet, hatten es sich nicht nehmen lassen, sich zu früher Stunde noch persönlich zu verabschieden.

Für das nächste Jahr sind nach den Worten der Partnerschaftsbeauftragten Ilse Feser schon einige Projekte angedacht, so der Schulaustausch zwischen der Scuola Media di Greve in Chianti und der hiesigen Mittelschule und auch Bürgermeister Paolo Sottani werde eine Gelegenheit finden, Veitshöchheim zu besuchen.

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