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27 Siebt- und Achtklässler des VHH-Gymnasiums führten 330 begeisterten Gästen drei Stunden lang ganz famos die mittelalterliche Welt der Nibelungen vor Augen

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

"Die Nibelungen. Eine Gaunerkomödie" von Danilo Fioriti führte in der letzten Woche mit großem Erfolg die mit 27 Schülern riesengroße Theatergruppe der siebten und achten Klassen des Gymnasiums Veitshöchheim unter der Regie der Lehrerin Irmgard Ellinger auf.  Die 330 Zuschauer der beiden Vorstellungen waren total begeistert über die schauspielerischen Leistungen der 13- bis 14-Jährigen und die vielen turbulenten Szenen und Schaukämpfe auf der Bühne.

Wie der stellvertretende Schulleiter Dr. Bernhard Brunner in seinen einleitenden Worten ausführte, fasziniert die Geschichte der Nibelungen weltweit schon seit vielen hundert Jahren, könne man die Adaptionen und Umwandlungen dieses Textes gar nicht zählen. Selbst in die Fernsehlandschaft haben sie es geschafft, so bereits 1924 durch den Film von Fritz Lang. Besonders bekannt ist die Geschichte durch Richard Wagners Opernzyklus "Der Ring der Nibelungen", der jedes Jahr im Bayreuther Festspielhaus ebenso viele Menschen begeistert, wie die Nibelungenfestspiele in Worms. An diesen eindrucksvollen Stoff wagten sich nun nach Bayreuth und Worms auch die jungen Theaterschaffenden des Gymnasiums Veitshöchheim. Brunner fand es großartig, so eine Theatergruppe an der Schule zu haben. Das Engagement, das hinter der Inszenierung eines solchen Stückes stecke, von der Requisite und der Maske bis zur Kasse, von der Versorgung mit Essen bis hin zur Beleuchtungstechnik nannte er gewaltig, zumal die Mitwirkenden dies alles neben dem normalen Schulbetrieb zu stemmen haben.

Regisseurin Irmgard Ellinger und ihr Co-Regisseur Benedict Friederich, früher selbst langjähriges Mitglied der Theatergruppe waren bei der Frage, so viele Leute unterzubringen, bei den Nibelungen gelandet, den die 27 Theaterspieler auf ganze neue Art entdecken konnten. Denn Danilo Fioriti lieferte mit "Die Nibelungen - eine Gaunerkomödie" eine geeignete Variation der bekannten Geschichte rund um Siegfried und seine nicht immer sehr heldenhaften Abenteuer, eine grotesk-komische Komödie irgendwo zwischen Wagner-Epos und Monty Python. Fioritis "Dramödie" sei eine Mischung aus den ernsten Teilen der Nibelungen, in Phasen, wo es geht, ins Witzige gewendet. Ellinger: "Wir haben bewusst dieses Stück aus dem deutschen Theaterverlag gewählt, weil es den düsteren Stoff der Nibelungen, der Lesestoff in der siebten Klasse ist, um komische Elemente bereichert."

Gleichwohl gab es für die große Theatergruppe immer noch zu wenig Rollen. Und da hat Benedict Friederich, der bei der letzten Vorstellung gerade in Regensburg zur Endauswahl bei der Schauspielschule vorstellig wurde, ergänzend  zum Stück als Rahmenhandlung "Das Casting" geschrieben, das acht Schüler vor dem Hauptteil aufführten. Hier suchten das Auswahlteam v.l.n.r. Pauline Frank, Amelie Kutscher und Nils Oehrlein wie bei DSDS die weibliche Besetzung von Kriemhild und Brunhild für die Hauptrollen von "Die Nibelungen". Als erste Kandidatin versuchte Leonie Kimmel vergeblich ihr Glück, die Jury bei ihrem Vorspiel mit dem Hauptakteur Siegfried (Fillip Gmernicki) zu überzeugen. Mit Tränen in den Augen musste sie von dannen gehen.

Recht provokativ gestaltet dann Clarissa Lee ihr Vorspiel, ehe sie von sich aus Abstand von der für sie "schnöden" Rollenbesetzung nahm.

Zum Inhalt: In  "Die Nibelungen. Eine Gaunerkomödie"  hat Danilo Fioriti zur düsteren Primärgeschichte die Hexengeschichte als Rahmenhandlung dazu gesellt und sie mit komischen Elemente angereichert. Der Hauptteil beginnt so mit einem Hexen-Prolog in einem kleinen Flecken im Odenwald. Drei Betrügerinnen leben hier davon, Ritter übers Ohr zu hauen und zu bestehlen. Mit viel Hokuspokus verwirren sie ihnen die Sinne, so wie im Bild Dietrich von Bern (?) und verkaufen ihnen unnützes Zeug oder rauben sie aus. Doch sehr lukrativ ist der Job nicht. So beschließen sie, an die Burg Worms zu wechseln, um sich dort den sagenhaften Nibelungenschatz unter den Nagel zu reißen. 

In der Kleidung Dietrich von Berns fanden sie nämlich einen Brief, in dem dieser nach Worms eingeladen wird, um mit anderen Helden den Schatz der Nibelungen zu beschützen. Die Diebinnen beschließen, sich dort einzuschleusen. Die erste Hexe Baumhild (Mona Hietel) schlüpft in die Kleidung des Ritters, die zweite Asthild (Fiona Stanka) heuert als Knappe bei Siegfried an und die dritte Zweighild (Lara Holst) wird Zofe Kriemhilds.

 

Der erste Akt spielt in der Burg von Worms.

Im Bild flirtet der Held der Burg Worms, der Drachentöter Siegfried (Fillip Gmericki) mit Kriemhild (Annika Muth), der Schwester von König Gunther (Patrick Melcher - Foto unten).

Links Kriemhild mit ihrer Mutter Uta (Anastasiya Sidelnyk).

 

Am Schluss des ersten Aktes machen sich alle Wormser auf die Reise mit dem Schiff nach Isenstein.

Der zweite Akt bietet nach der Ankunft in Isenstein tolle Szenerien, wie hier die von Hildur (Alicia Oertel) angeführten Walküren der Königin Brunhild (rechts - Alina Heller), die gerade Nils Oehrlein dinghaft machen, der sich als Mann unerlaubt in die weibliche Garde eingeschlichen hatte.

Die weibliche Garde hält auch  die Wormser nach ihrer Ankunft in Schach.

Königin Brunhild fordert König Gunther zum Kampf heraus.

Und hier beginnt der Betrug, in dem in Vasallengehorsam Siegfried inkognito in der Rüstung für seinen König einspringt. Gunther präsentiert sich am Ende als Sieger und fordert von Brunhild die Einlösung ihres Versprechens, ihn bei einer Niederlage zu heiraten.

Ausgiebig und trunken feiern die Wormser mit ihrem König den Sieg und die Hochzeit. Doch als Gunther in der Hochzeitsnacht das Gemach von Brunhild aufsucht erlebt er eine böse Überraschung.

Denn Brunhild gibt nicht klein bei, fesselt Gunther und stellt ihn auf eine Zinne ihrer Burg.

Keine Frage für Siegfried, dem Bruder von Kriemhild beizustehen und ihn zu befreien.

Siegfried vollzieht dann auch für seinen ängstlichen König die Hochzeitsnacht, ohne dass Brunhild merkt, wer er ist. Er raubt vielmehr der Königin von Isenstein und Herrin der Walküren ihren Gürtel, wodurch sie ihre übermächtige Kraft verliert.

Brunhild war ja ursprünglich von Odin verwunschen, bis sie dann der junge Siegfried rettete. Sie wartete eigentlich auf seine Rückkehr. Als dieser dann kam, stand er jedoch im Dienst des Königs Gunther. Als sie besiegt und betrogen wird, wusste sie nicht, dass im Ritterkostüm nicht Gunther sondern Siegfried steckte. Dieser Betrug kam dann Siegfried teuer zu stehen.

Im dritten Akt kommt es nach der Rückkehr nach Worms im Dom zur Szene, in der der von Siegfried besiegte Nibelungenkönig Alberich (Jakob Riegel) mit Roglom (Toni Vorndran) und  Ogrim (Janek Rau) ins Spiel kommt, der sich nun als Siegfrieds Vasall an diesem rächen will. Er ist der Intrigant des Stückes, bei dem die Fäden zusammenlaufen, der die Hochzeit ausrichtet und diese dazu nutzt, die einander feindlich gesinnten Königinnen aufeinanderzuhetzen, der so seine Rache an Siegfried bekommt und der laut Ellinger im Prinzip dafür sorgt, dass sich alle später gegenseitig ausrotten. Denn im nicht gespielten zweiten Teil der Nibelungen läutet Kriemhild in Ungarn das Ende der Burgunder ein, wo alle sterben.

 

Entscheidende Szene ist, als Alberich Kriemhild darauf hinweist, dass der Gürtel, den ihr Siegfried geschenkt hat, von Brunhild ist.

Und da begreift Kriemhild, dass Siegfried es nicht auf sie, sondern die ganze Zeit auf Brunhild abgesehen hat.

Kriemhild provoziert daraufhin Brunhild und zeigt ihr den Gürtel. Da begreift auch Brunhild, dass Siegfried sie betrogen hat.

Brunhild befiehlt  Siegfrieds Tod, dem sich als einziger Gunthers jüngster Bruder Giselher (Constantin Paul) im Gegensatz zum König, seiner Mutter und seinem Oheim Hagen (Henri Nickola) widersetzt.

Im vierten Akt schmiedet der düstere Hagen seine Intrige gegen Supermann Siegfried, in dem er Asthild (Fiona Stanka), den Knappen Siegfrieds, zum Verrat der verwundbaren Stelle auf Siegfrieds Rücken zwingt.

Zunächst kann Siegfried Hagen noch mit dem Schwert zu Boden werfen, doch als er ihn verschont und ihn schließlich Alberich und seine Gesellen umringen und den winzigen Fleck an seiner verletzbaren Schulter zeigen, ist es um sein Leben geschehen. Hagen versetzt ihm den tödlichen Stoß.

Am Ende war Siegfried durch seine Vasallentreue zu Gunther eine gebrochene Figur, Brunhild die Gedemütigte, die, obwohl sie Siegfrieds Tod angeordnet hat,  am Schluss an seiner Leiche kniet und ebenfalls alles verloren hat.

Nach dem Tod Siegfrieds ziehen die drei Hexen im Rahmen Fioritis Zugeschichte mit ihrem erbeuteten Nibelungenschatz weiter.

Finale und Resümee

"Ich bin sehr, sehr stolz auf Euch! Ihr seid eine wunderbare Gruppe!" Mit diesen Worten dankte am Ende Irmgard Ellinger allen Mitwirkenden für ihr tolles Engagement, mit dem sie "alte Mähren" in die Gegenwart geholt hatten, eine Geschichte von Enttäuschung, von Verrat, von Lüge, aber auch von dem Versuch, irgendsowas wie Ehre aufrechtzuerhalten. Irgendwo, so die Lehrerin, steckten in dieser Geschichte und dem schweren Thema so viele Dinge drin, die Menschen Menschen antun, aber auch Träume und Wünsche. Ellinger: "Ihr habt es in einer Fassung gezeigt, die daraus eine lebendige Geschichte gemacht hat, also etwas was Theater macht, nämlich Geschichten erzählen, wo Menschen mitbangen, mitzittern, mitlachen. Das ist etwas ganz Besonderes."

Ellinger war es gelungen, allen Schülern Rollen zu übertragen, deren zu spielende Charaktere  ihnen wie auf dem Leib zugeschnitten waren.  Als Erfolgsrezept verriet Ellinger, man müsse sich lange Zeit für die Rollenverteilung  nehmen, so dass ein jeder sich mit seiner Rolle anfreunden könne. Ellinger: "Es ist uns trotz der Vielzahl der Akteure mit viel Disziplin gelungen, das Stück miteinander zu gestalten und zusammen Spielfreude zu erleben." Dafür gab es am Ende der beiden Vorstellungen nicht enden wollender Beifall.

Geprobt wurde seit März, auch zweimal am Wochenende und nach Ostern oft auch am Freitag bis 17 Uhr. Nach der erfolgreichen Premiere der "Kriminacht" im Vorjahr sei die Theatergruppe bei ihrer zweiten Inszenierung noch mehr zusammengewachsen, sagt Ellinger voller Stolz. Es sei auch für sie ein Novum gewesen, dass gleichzeitig 27 Leute auf der Bühne spielen. 

Ellinger: "Am Anfang war es sehr schwer, ein so riesiges Stück mit so vielen Massenszenen auf die Bühne zu stellen. Es müssen nämlich immer nur ein paar sprechen, aber die anderen müssen gleichwohl spielen." Deshalb sei man auf die Lösung mit der dreigeteilten Bühne gekommen, die eigentlich vom Stück schon vorgegeben sei.  Es musste überlegt werden, wie man die Mitspieler gruppiert und dass sie nicht lange dem Publikum den Rücken zeigen, dass man nach vorne spricht und wie in der Szene oben alle spielen, auch wenn nur einige sprechen. Als dann dieser Durchbruch geschafft wurde, hätten alle das Musketier-Gefühl gehabt "Einer für alle - alle für einen".

Durch die Bühnendreiteilung ermöglichten die Lichtakzente der Scheinwerfer  sehr schnelle Szenen-Wechsel und eine sehr getaktete Live-Geschichte ohne lange Umbauten, selbst die Reise von Worms nach Isenstein mit dem Schiff konnte über der Aula in der oberen Etage sofort eingeblendet werden. Für diese tolle Technik und die Einspielung der Musik zeichnete der Abiturient Daniel Jander verantwortlich.

Dazu kamen auch andere moderne Elemente. So ist in dem Stück die Kriemhild (exzellent dargestellt durch Annika Muth) ein Show-Girl. Deshalb und weil es auch um zeitlose Themen geht,  habe sich die Gruppe auch gegen traditionelle mittelalterliche Kostüme entschieden, sondern moderne Kostüme mit ein paar mittelalterlichen Accessoires kombiniert.

 

Impressionen vom Finale:

In weiteren Rollen: Jonas Öder, Sarah Benz, Antonia Frank, Sarah Schürr, Pauline Frank, Albert Oestemer, Felix Brede, Nathalie Krajewski und Katharina Dietrich.

Alle Fotos (c) Dieter Gürz

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